Bindung an Wahl der Gewinnermittlungsart?

Steuerpflichtige können Ihren Gewinn, sofern Sie die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 EStG erfüllen, durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln. Problematisch ist der Zeitpunkt, bis zu dem dieses Wahlrecht (erstmalig) ausgeübt werden muss.

Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG) müssen ihre Betriebsergebnisse prinzipiell durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) ermitteln. Wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG erfüllt sind, steht ihnen das Wahlrecht zu, die Gewinne oder Verluste durch Einnahmen-Überschussrechnung festzustellen. Die beiden Gewinnermittlungsarten stehen nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis zueinander. Bestandsvergleich und Einnahmen-Überschussrechnung sind 2 unterschiedliche, aber grundsätzlich gleichwertige Gewinnermittlungsmethoden.

Wer zur Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG berechtigt ist, kann wahlweise bilanzieren. Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger hat sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich - wie in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG ausdrücklich angesprochen – aber erst dann wirksam ausgeübt, wenn er eine Eröffnungsbilanz aufstellt, eine kaufmännische Buchführung einrichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht (BFH, Urteil v. 19.10.2005, XI R 4/04, BStBl 2006 II S. 509). Andererseits entfällt das Wahlrecht, den Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln, nicht schon durch Einrichtung einer Buchführung und Aufstellung einer Eröffnungsbilanz, sondern erst dann, wenn nach Ende des Jahres tatsächlich ein Abschluss erstellt wird (BFH, Urteil v. 19.3.2009, IV R 57/07, BStBl 2009 II S. 659).

Problematisch ist, bis zu welchem Zeitpunkt das Wahlrecht (erstmalig) ausgeübt werden muss. Der BFH hat in seiner neueren Rechtsprechung hervorgehoben, dass das Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung zwischen beiden Gewinnermittlungsarten nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen prinzipiell unbefristet zusteht (BFH, Urteil v. 19.10.2005, XI R 4/04, BStBl 2006 II S. 509). Formal wird das Wahlrecht hiernach allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung oder Feststellung begrenzt. Dementsprechend hat das Schleswig-Holsteinische FG entschieden, dass das Wahlrecht nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen auch nachträglich in den Fällen zusteht, in denen die Höhe des Gewinns zu schätzen ist (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 17.2.2011, 10 K 258/10, EFG 2011 S. 1605, n. rkr.; anhängiges Verfahren beim BFH, X R 15/11).

Praxistipp:

Eine andere – praxisrelevante – Frage ist, ob eine nachträgliche Änderung der Gewinnermittlungsart zulässig ist. Wiederum das Schleswig-Holsteinische FG hat hierzu entschieden, dass ein nachträglicher Wechsel der Gewinnermittlungsart – im
Urteilsfall von der Einnahmen-Überschussrechnung zum Bestandsvergleich – nicht möglich ist. Werde das Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für einen Gewinnermittlungszeitraum wirksam ausgeübt, sei dies bindend (Schleswig-Holsteinische FG, Urteil v. 26.7.2011, 2 K 123/10, n. rkr.; anhängiges Verfahren beim BFH, III R 13/10). Der BFH hat der Nichtzulassungsbeschwerde des Steuerpflichtigen stattgegeben, was darauf hindeuten kann, dass er die Auffassung des FG nicht teilt. Einschlägige Fälle sollten je nach Interessenlage offen gehalten werden, bis der BFH über die Streitfragen entschieden hat.

Schlagworte zum Thema:  Gewinnermittlung, Einkommensteuer