Bewertung von Forderungen

Maßgebend für eine Aktivierung ist, ob ein Vermögensvorteil wirtschaftlich ausnutzbar ist und damit einen realisierbaren Vermögenswert darstellt. Bei einer in vollem Umfang bestrittenen Forderung darf die gewinnwirksame Erfassung daher nicht erfolgen. Entscheidend ist der Ansatz in der Bilanz, nicht der unterjährige Ansatz in der Buchführung. Die Grundsätze gelten für bilanzierungspflichtige wie auch für freiwillig bilanzierende Steuerpflichtige.

Die Klägerin betrieb eine Unternehmensberatung. Die Gewinnermittlung erfolgte mittels Bestandsvergleichs. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde beanstandet, dass offene Forderungen vollständig abgeschrieben worden waren, ohne dass Mahnbescheide oder Insolvenzverfahren beantragt wurden. Dagegen trug die Klägerseite vor, die Eintreibung sei wegen Drohungen gegen den Kläger und wegen dessen Gesundheitszustands nicht weiter verfolgt worden. Außerdem sei eine fristlose Kündigung des Beratungsdienstvertrags ausgesprochen worden. Die Betriebsprüfung sah insgesamt keine objektiv betrieblichen Gründe, die eine vollständige Abschreibung der Forderung rechtfertigen können. Nach erfolglosem Einspruch wurden im Rahmen des Klageverfahrens Nachweise über die Liquiditätsprobleme des Schuldners nachgereicht.

Forderungen am Bilanzstichtag strittig

Das FG sah die Klage als begründet an. Es kam zu dem Ergebnis, dass die Forderungen am Bilanzstichtag strittig und daher nicht mehr zu aktivieren gewesen seien. Maßgebend für eine Aktivierung sei nach ständiger Rechtsprechung nicht, ob eine Forderung oder ein Anspruch fällig oder ein Recht realisierbar ist, sondern ob der Vermögensvorteil wirtschaftlich ausnutzbar ist und damit einen realisierbaren Vermögenswert darstellt. Unter Berücksichtigung des handelsrechtlichen Vorsichtsprinzips waren die Forderungen bis zum Bestreiten als rechtlich hinreichend sicher einzustufen. 

Nach dem Bestreiten hätten die offenen Forderungen zum Bilanzstichtag nicht mehr aktiviert werden dürfen. Es bestand somit kein Aktivierungswahlrecht, sondern nach ständiger BFH-Rechtsprechung für die Handels- und die Steuerbilanz ein Aktivierungsverbot. Aufgrund des Bestreitens konnte die Klägerin mit dem Zahlungseingang nicht mehr rechnen. Da im Rahmen einer Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich die Bewertung zum Bilanzstichtag und nicht der unterjährige Ansatz in der Buchführung maßgebend ist, war es im Ergebnis zutreffend, dass die Forderungen zunächst erfolgswirksam eingebucht und zum Bilanzstichtag abgeschrieben wurden.

Wann ist eine Aktivierung unzulässig

Nach den weiteren Ausführungen des FG ist die Aktivierung einer rechtlich entstandenen Forderung bereits dann unzulässig, wenn nach den Umständen des Falls schon am Bilanzstichtag damit gerechnet werden musste, dass diese bestritten wird. Die Grundsätze gelten auch für Steuerpflichtige, die freiwillig bilanzieren.

FG Münster, Urteil v. 6.3.2025, 7 K 2394/20 E, G



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