Verfolgung gemeinnütziger Zwecke bei Ehrenamtsfreibetrag

Ist es für die Gewährung des Ehrenamtsfreibetrags nach § 3 Nr. 26a EStG ausreichend, dass die durch die ehrenamtliche Tätigkeit begünstigte Person oder Einrichtung überwiegend, d. h. zu mehr als 50 %, gemeinnützige Zwecke verfolgt?

In einem Fall des FG Berlin-Brandenburg war der Kläger im Hauptberuf freiberuflich tätig. Er bezog im Streitjahr 2015 eine "Aufwandsentschädigung" i. H. v. 620 EUR in seiner Eigenschaft als Mitglied des Aufsichtsrats einer A-GmbH mit Sitz in K. Die Entschädigung wurde ihm aus dem Betriebsvermögen der GmbH gewährt. Die Stadt K hielt die Mehrheit der Gesellschaftsanteile an der A-GmbH. Die weiteren Gesellschaftsanteile hatten zwei weitere Kommunen in der Nähe von K inne.

Im Zusammenhang mit seiner Aufsichtsratstätigkeit entstanden dem Kläger im Streitjahr 2015 Aufwendungen für Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen von rund 225 EUR.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass die Aufwandsentschädigung nach Abzug der hiermit zusammenhängenden Aufwendungen gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG einkommensteuerpflichtig sei. § 3 Nr. 26a EStG sei nicht anwendbar, weil die A-GmbH als Unternehmen des Privatrechts nicht zur Gänze gemeinnützig tätig gewesen sei.

FG Berlin-Brandenburg: 60 % der Umsätze gemeinnützig

Das FG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass die nebenberuflich ausgeübte Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied einer GmbH auch dann nach § 3 Nr. 26a EStG ungekürzt begünstigt ist, wenn nur 60 % der Umsätze der GmbH der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke dienen (FG Berlin-Brandenburg v. 12.11.2020, 9 K 9167/17).

Revisionsverhafren beim BFH anhängig

Gegen das Urteil wurde die zugelassene Revision eingelegt (A. beim BFH VIII R 9/21). Die Rechtsfrage, ob eine Aufwandsentschädigung für eine Aufsichtsratstätigkeit bezüglich einer GmbH, die z.T. hoheitliche Aufgaben erfüllt, nach § 3 Nr. 26a EStG ganz oder z. T. ertragsteuerfrei ist, hat nach Auffassung des FG  grundsätzliche Bedeutung, weil sie sich in einer Vielzahl von Fällen stellt und es bislang keine höchstrichterliche Entscheidung hierzu gibt. Falls das Finanzamt in diesen Fällen den Freibetrag nicht anerkennt, sollte Einspruch eingelegt werden.