Veräußerungsgeschäfte: Vermögensverwaltende Personengesellschaft

Bei privaten Veräußerungsgeschäften einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft stellt sich die Frage, ob eine gesonderte und einheitliche Feststellung geboten oder unzulässig ist.

Vermögensverwaltende Personengesellschaft als partielles Steuerrechtsubjekt

Eine Personengesellschaft ist sowohl bei betrieblicher als auch bei vermögensverwaltender Tätigkeit insoweit als partielles Steuerrechtssubjekt anzuerkennen, als sie in der Einheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Einkommensteuertatbestands verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind. Die Personengesellschaft ist damit für Zwecke der Einkommensbesteuerung Subjekt der Einkünfteerzielung, der Einkünftequalifikation und der Einkünfteermittlung.

Vermögensverwaltende Personengesellschaft kann Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft erzielen

Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO nur dann gesondert und einheitlich festzustellen, wenn mehrere Personen "gemeinsam" den Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäfts verwirklichen. Das bedeutet, dass in einem solchen Fall auch eine grundbesitzende Personengesellschaft den Einkünftetatbestand des § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklichen und Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft erzielen kann, die gesondert und einheitlich festzustellen sind (BFH, Beschluss v. 30.4.2015, IX B 10/15, Haufe Index 8010279).

Tatbestand des § 23 EStG wird von der Gesellschaft selbst verwirklicht

Die gemeinsame Verwirklichung eines privaten Veräußerungsgeschäfts und damit die gesonderte und einheitliche Feststellung setzt bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft voraus, dass in der Einheit der Gesellschaft/Gemeinschaft sowohl die Anschaffung als auch die Veräußerung innerhalb der maßgeblichen Frist erfolgen. Der Tatbestand der Einkünfteerzielung wird "in der Einheit der vermögensverwaltenden Gesellschaft" nach §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO verwirklicht, wenn Anschaffung und Veräußerung auf Ebene der vermögensverwaltenden Gesellschaft gemeinschaftlich verwirklicht werden (BFH, Urteil v. 21.1.2014, IX R 9/13, Haufe Index 6531708; Urteil v. 10.11.2015, IX R 10/15, Haufe Index 9061808; Urteil v. 20.11.2018, VIII R 39/15, Haufe Index 12950710, Rz. 30).

Bruchteilsbetrachtung

Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern durch die vermögensverwaltende Personengesellschaft, z.B. von Grundstücken aus ihrem Gesamthandsvermögen, wird nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO für Steuerzwecke anteilig den Gesellschaftern zugerechnet (BFH, Urteil v. 20.4.2004, IX R 5/02, Haufe Index 1163763). Steuerrechtlich wird die Gemeinschaft zur gesamten Hand als Bruchteilsgemeinschaft beurteilt (BFH, Urteil v. 18.5.2004, IX R 83/00, Haufe Index 1178580).

Kein Feststellungsverfahren mangels gemeinschaftlicher Tatbestandsverwirklichung

Es muss zwischen privaten Veräußerungsgeschäften auf der Ebene der vermögensverwaltenden Personengesellschaft einerseits und trotz Ablaufs der zehnjährigen Veräußerungsfrist auf der Ebene der Gesellschaft ggf. durch einzelne beteiligte Gesellschafter realisierte private Veräußerungsgeschäfte unterschieden werden. Letzteres ist z.B. der Fall, wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft beitritt und diese innerhalb von 10 Jahren nach dessen Beitritt, aber außerhalb der für die Gesellschaft geltenden 10-jährigen Veräußerungsfrist, ein Grundstück aus ihrem Gesamthandsvermögen veräußert. In diesem Fall ist ein Feststellungsverfahren unzulässig.

Erfassung bei der Einkommensteuerveranlagung

Wenn das Verfahrensrecht in Gestalt der §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a  AO eine gesonderte und einheitliche Feststellung nicht ermöglicht, ist grundsätzlich unmittelbar auf der Ebene der Veranlagung der Feststellungsbeteiligten zu entscheiden. Ist ein gesondertes Feststellungsverfahren durchgeführt worden, obwohl hierfür eine gesetzliche Grundlage fehlt, sind die verfahrensrechtlich zu Unrecht ergangenen Bescheide ersatzlos aufzuheben (BFH, Urteil v. 21.1.2014, IX R 9/13, Haufe Index 6531708; BFH, Urteil v. 20.11.2018, VIII R 39/15, Haufe Index 12950710, Rz. 29). Verfahrensrechtlich ist die Verwirklichung des privaten Veräußerungsgeschäfts einzelner Gesellschafter bei ihrer Einkommensteuerveranlagung aufgrund der für sie zu ermittelnden Anschaffungskosten und Veräußerungserlöse zu berücksichtigen.

Praxis-Tipp

Steuerpflichtige sollten sich nicht darauf verlassen, dass Veräußerungsvorgänge nach § 23 EStG in jedem Fall gesondert und einheitlich festgestellt werden. Zumindest in Verlustfällen sollten sie daher den auf sie entfallenden Verlustanteil in ihrer Einkommensteuererklärung ansetzen und gegen eine Nichtberücksichtigung, die das Wohnsitzfinanzamt auf ein noch durchzuführendes Feststellungsverfahren stützt, Einspruch einlegen. Erst wenn von dem für eine eventuelle Feststellung zuständigen Finanzamt die Frage, ob ein Feststellungsverfahren durchzuführen ist, endgültig geklärt ist, sollten für das Einkommensteuerverfahren die notwendigen Konsequenzen gezogen werden (Müller, EFG 2004 S. 1184).