Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung

Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) wurde die Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung bei Streitigkeiten zwischen Verbraucher und Unternehmern geschaffen. Ab 1.2.2017 müssen damit auch Steuerberater auf ihrer Website bzw. in ihren AGB auf ihre etwaige Teilnahmebereitschaft an einem solchen Verfahren hinweisen.

Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz ist die nationale Umsetzung der europäischen ADR-Richtlinie, RL 2013/11/EU (Alternative Dispute Resolution) über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten. Das Gesetz bezweckt, dass Verbraucher (§ 13 BGB) und Unternehmer (§ 14 BGB) – und damit auch Steuerberater – ihre Streitigkeiten nicht erst vor den ordentlichen Gerichten, sondern bereits in außergerichtliche Verfahren (Mediation, Schlichtung oder Schiedsverfahren) beilegen können. Das Gesetz gilt in weiten Teilen seit dem 1.4.2016 für online und offline geschlossene Verträge (ausgenommen Arbeitsverträge).

Verbraucher-Mandate aus Sicht des Steuerberaters

Als Verbraucher kommen zum Steuerberater die Steuerpflichtigen, die ihre private Einkommensteuererklärung fertigen lassen und weder gewerbliche Einkünfte noch solche aus selbstständiger beruflicher Tätigkeit haben (s. BGH, Urteil v. 30.9.2009, VIII ZR 7/09). Unternehmer- und nicht Verbraucherhandeln liegt schon dann vor, wenn der Beratungsvertrag im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit (sog. Existenzgründung) mit dem Steuerberater geschlossen wird (BGH, Beschluss v. 24.2.2005, III ZB 36/04). Verbraucherhandeln liegt wiederum vor, wenn der Steuerberater den Mandanten zwecks Entscheidung zur Existenzgründung berät (BGH, Urteil v. 15.11.2007, III ZR 295/06).

Außergerichtliche Streitbeilegung ist für Steuerberater aber freiwillig

Die Richtlinie 2013/11/EU stellt aber klar, dass die Teilnahme an außergerichtlicher Streitbeilegung für den Verbraucher freiwillig ist. Eine Verpflichtung des Steuerberaters, sich auf ein vom Verbraucher beantragtes Streitbeilegungsverfahren einzulassen, sieht die Richtlinie 2013/11/EU nicht vor, sondern lässt entsprechende nationale Rechtsvorschriften unberührt.

Gesetzliche oder berufsrechtliche Vorschriften zur Verpflichtung für Steuerberater existieren nicht! Auch die Bundessteuerberaterkammer hat im September 2016 auf die Freiwilligkeit der Teilnahme an außergerichtlicher Streitbeilegung seitens der Steuerberater hingewiesen.

Steuerberater müssen aber grundsätzlich Hinweispflichten ab 1.2.2017 beachten

§ 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG regelt, dass jeder Unternehmer, wie z. B. der Steuerberater, der eine Website unterhält oder AGB verwendet, den Verbraucher über die Teilnahmebereitschaft (inwieweit er dazu bereit ist; kann also auch vom Steuerberater auch verneint werden) an einem Streitbeilegungsverfahren bei einer entsprechenden Stelle informieren muss.

Diese Information muss leicht zugänglich, klar und verständlich für den Verbraucher erfolgen. Soweit sich der Steuerberater selbst (z. B. im Beratervertrag) verpflichtet hat, an einem solchen Verfahren teilzunehmen, müssen gem. § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG Angaben zur Anschrift und Website der Verbraucherschlichtungsstelle sowie eine Teilnahmeerklärung des Steuerberaters auf dessen Homepage gemacht werden.

Der Hinweis sollte bei fehlender Teilnahmebereitschaft des Steuerberaters der Klarheit halber auch beinhalten, dass für den Steuerberater keine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an einer außergerichtlicher Streitbeilegung besteht.

Ausnahme zur Hinweispflicht gilt für Steuerberater mit weniger als 10 Mitarbeitern

Nach § 36 Abs. 2 VSBG müssen diese Informationen auf der Website des Steuerberater erscheinen und bei Verwendung von AGB zusammen mit diesen AGB. Ausnahme: § 36 Abs. 3 VSBG regelt, dass Unternehmer, die am 31.12. des vorangegangenen Jahres 10 oder weniger Personen (Kopfzahl) beschäftigt haben, von den Hinweispflichten befreit sind.

Bei bestehenden Streitigkeiten ist Verweis auf zuständige Verbraucherschlichtungsstelle erforderlich

§ 37 Abs. 1 VSBG regelt, dass wenn eine Streitigkeit zwischen Unternehmer und Verbraucher nicht einvernehmlich gelöst werden kann, der Unternehmer, also auch der Steuerberater, unter Hinweis auf seine Bereitschaft zur Streitbeilegung auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle verweisen muss. Sollte der Steuerberater sich freiwillig verpflichtet haben, an einer Verbraucherstreitbeilegung teilzunehmen, muss er diese Hinweise auch zwingend dem Verbraucher erteilen. § 37 Abs. 2 VSBG schreibt dazu Textform (§ 126b BGB) vor.

Auch hier sollte bei fehlender Teilnahmebereitschaft des Steuerberaters der Hinweis der Klarheit halber beinhalten, dass für den Steuerberater keine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme an außergerichtlicher Streitbeilegung besteht.

Praxis-Tipp: Verstöße gegen Hinweispflichten können auch für den Steuerberater teuer werden

§§ 36 und 37 VSBG sind Verbraucherschutzgesetze. Steuerberater, die die obigen verpflichtenden Angaben zur Verbraucherstreitbelegung nicht in ihre AGB einarbeiten und nicht auf ihrer Internetseite veröffentlichen, riskieren eine Abmahnung.

Gegebenenfalls kann sich der Steuerberater nicht auf Verjährung seiner Honoraransprüche berufen, wenn er den Hinweis unterlässt. Andererseits führt die Durchführung der außergerichtlichen Streitbeilegung bei Honorarstreitigkeiten zur Hemmung der Verjährung (§ 203 BGB; s. auch BGH, Urteil v. 15.12.2016, IX ZR 58/16).

Zuständige Stelle für Schlichtungen nach dem VSBG zwischen Steuerberater und ihren Verbraucher-Mandanten

Seit dem 1.4.2016 ist für Schlichtungen zwischen Steuerberatern und ihren Mandanten, wenn diese Verbraucher sind, die Allgemeine Schlichtungsstelle in Kehl zuständig. Auf der Homepage der Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V. finden sich weitere Informationen.

Bundessteuerberaterkammer empfiehlt Vermittlung seitens der zuständigen Steuerberaterkammer laut StBerG

Gem. § 76 Abs. 2 Nr. 3 StBerG vermittelt die jeweilige Steuerberaterkammer auf Antrag bei Streitigkeiten, z. B. anlässlich einer Honorarrechnung oder der Nichtherausgabe von Unterlagen, zwischen Mitgliedern der Kammer und ihren Auftraggebern. Dieses Vermittlungsverfahren ist ein Mediationsverfahren, also ein Versuch einer außergerichtlichen Konfliktbeilegung durch Einschaltung der Steuerberaterkammer als neutralem Dritten. Bei einem Vermittlungsverfahren der Steuerberaterkammer wird also kein Schiedsspruch gem. §§ 1025 ff. ZPO gefällt.

Das schriftliche Vermittlungsverfahren ist gebührenfrei. Gebühren entstehen nur bei der Durchführung eines Vermittlungsgesprächs in der Geschäftsstelle der Steuerberaterkammer und werden von den Parteien hälftig erhoben.

Empfehlung des DStV

Um mögliche Abmahnungen zu vermeiden, empfiehlt der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) daher allen Berufsangehörigen, die Hinweispflichten nach dem VSBG zu beachten und ihre Mandanten, soweit es sich um Verbraucher handelt, auf der Kanzleihomepage sowie in den verwendeten Allgemeinen Auftragsbedingungen über die Bereitschaft bzw. Nichtbereitschaft zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren nach dem VSBG zu informieren. Eine Formulierung für den Fall der Nichtbereitschaft zur Teilnahme an einem solchen Verfahren kann etwa wie folgt lauten:
„Information nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz:
Es besteht keine Verpflichtung und keine Bereitschaft zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle.“

Für den Fall, dass trotz der obigen Ausführungen gleichwohl eine Bereitschaft zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren besteht, kann die entsprechende Formulierung z. B. lauten:
„Information nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz:
Es besteht die Bereitschaft, an Streitbeilegungsverfahren bei einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Zuständig ist in diesem Fall die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V, Straßburger Straße 8, 77694 Kehl ( www.verbraucher-schlichter.de)."