Einführung einer Teamstruktur in der Steuerkanzlei

Die Frage nach der Aufteilung der Mitarbeiter in Teams stellt sich den meisten Kanzleien, wenn die Zahl der Mitarbeiter auf über 10 steigt.

Bis zu dieser Größe bleibt die Organisation einigermaßen übersichtlich. Informationsaustausch und Prozessabläufe werden persönlich und meist informell besprochen und festgelegt. Dabei helfen regelmäßige Besprechungen. Der Chef hat für jeden Mitarbeiter Zeit und meist eine offene Tür. Jenseits der 10 Mitarbeiter hat die Kanzleileitung oft das Gefühl, dass die Übersichtlichkeit fehlt. Neue Informationen und Änderungen bei den Arbeitsabläufen scheinen sich nur mühsam "herumzusprechen". Der Zeitaufwand für die Führung und die Organisation steigt.

Bevor Sie sich daran machen die "optimale Teamstruktur" zu finden, sollten Sie sich folgende entscheidende Frage stellen:

Warum eine Teamstruktur einführen?

Darauf gibt es zwei grundsätzliche Antworten:

  1. Ich möchte meine Mitarbeiter besser steuern und kontrollieren können. Die Aufgaben sollen effizient abgearbeitet werden.
  2. Ich möchte, dass meine Mitarbeiter sich in Teams weitgehend selbst organisieren. Zumindest beim operativen Geschäft (Lohn, Fibu, Bilanz, Steuern) möchte ich so weit wie möglich außen vor bleiben.

Die Auswahl der Antwort ergibt sich aus Ihrem persönlichen Führungsstil. Sind Sie eher der Chef, der die Fäden in der Hand behalten will? Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser? Schließlich müssen Sie ja auch in letzter Konsequenz den Kopf hin halten, wenn etwas schief geht. Oder Sie sind eher derjenige, der sich mit den kleineren Alltagsaufgaben nicht gerne beschäftigt. Sie leben nach dem Motto "Kontrolle ist gut – Vertrauen ist besser." Wenn etwas schief geht, werden wir das schon hinbekommen...

Beide Führungsideen haben ihre Berechtigung. Und natürlich gibt es zwischen den beiden Polen verschiedene Alternativen. Wie viel Sie als Chef an echter Verantwortung abgeben können und wollen, hängt auch von den Gegebenheiten in Ihrer Kanzlei ab.

Ihr eigenes Sicherheitsbedürfnis bestimmt auch die Aufgaben und die Selbstständigkeit Ihrer Mitarbeiter. Und zwar unabhängig davon, ob Sie eine Teamstruktur wählen oder nicht. Je nach Ihrer Führungsidee werden Ihre Teams also entweder Verwaltungseinheiten sein, die die von Ihnen gestellten Aufgaben nach einheitlichen Prozessabläufen abarbeiten. Oder sie können zu Hochleistungsteams werden, die selbstständig ihre Arbeit organisieren und weiterentwickeln.

Welcher "Freiheitsgrad" passt?

Jeder Chef wünscht sich selbständige(re) Mitarbeiter. Der Grad der Selbstständigkeit hat viele Facetten. Stellen Sie sich folgende Fragen, um heraus zu finden, welcher "Freiheitsgrad" für Sie passt:

  • Möchte ich Aufgaben abgeben oder Verantwortung delegieren? Inwieweit sollen meine Mitarbeiter selbständig entscheiden?
  • Welche Entscheidungen will ich mir selbst vorbehalten?
  • An welchen Stellen brauche ich ein "4-Augen-Prinzip"? Und wo müssen die letzten beiden Augen meine eigenen sein?

Praxis-Beispiel: Freiheitsgrad bei der Auftragsplanung

Wer plant die Jahresabschlüsse? Die Gegenpole: Sie als Chef planen, das Team organisiert die Umsetzung oder das Team plant selbstständig und setzt um. Sie stehen als "Unterstützer und Berater" zur Seite, wenn das Team Fragen hat.

Auch hier: Fragen Sie sich, unter welchen Rahmenbedingungen Sie das Team selbstständig arbeiten lassen wollen – wo wollen sie selbst Vorgaben machen? Vielleicht gibt es A-Mandanten, deren Abschluss Ihnen wichtig ist.

Klare Rahmenbedingungen statt unkontrolliertes Chaos

In den meisten Kanzleien gibt es schon selbstständiges Arbeiten einzelner Mitarbeiter oder Teams. Das Vertrauen entsteht dabei meist über die Zeit. Und oft unkommentiert "von selbst". Die Folge: Ihre Mitarbeiter wissen oft nicht, was sie "dürfen" und was nicht. Und da in den Kanzleien in einer großen Zahl eher sicherheitsorientierte Mitarbeiter beschäftigt werden, erlebt man meist eine ausgeprägte "Rück-Delegations-Kultur". Die Folge: Sie als Chef sind manchmal genervt, weil Sie Fragen beantworten, die doch nun wirklich...

Auch empfiehlt es sich nicht, die Mitarbeiter aus einer "eng" geführten Kultur ins kalte Wasser der kompletten Selbstverantwortung zu schubsen. Mit Freiheit und Verantwortung umgehen will gelernt sein. Ihre Aufgabe als – nach wie vor - Chef ist es, die Rahmenbedingungen klar vorzugeben

Schauen wir wieder auf die Auftragsplanung: Sagen Sie klar, was Sie an Verantwortung abgeben möchten:

  • Wer entscheidet über die Mandatszuteilung? Sie oder das Team?
  • Welche Informationen erwarten Sie wie oft vom Team?
  • Wer entscheidet über die Häufigkeit der Meetings und über die Organisationsmittel?

Je nach Ihrer Vorstellung können Sie Ihre Mitarbeiter langsam in die Selbständigkeit entlassen. Als weiteren Schritt könnten Sie so formulieren: "Ich schlage vor Ihr macht Euch bei Eurem ersten Meeting Gedanken wie weit Ihr die Verantwortung für die Auftragsplanung annehmen wollt und wie Ihr Euch organisieren wollt". Da braucht es im Team schon den ein oder anderen, der sich das zutraut und die anderen mit zieht.

Sie werden vielleicht überrascht sein, an wie vielen Punkten die Mitarbeiter sowieso schon so ticken wie Sie selbst. Es ist kaum zu erleben, dass die Mitarbeiter entscheidende Aspekte nicht erkannt haben. Und gerade am Anfang stehen Sie ja als Ideengeber und Unterstützer sowieso parat.

Motivation im Team: Warum sollen Ihre Mitarbeiter wollen?

Viele Ihrer Mitarbeiter engagieren sich in ihrer Freizeit für ein für sie attraktives Ziel. Sie sind bei der Feuerwehr oder wirken in Elterninitiativen oder Sportvereinen mit. Viele Chefs wünschen sich, dass die Mitarbeiter auch für die betrieblichen Belange so ein Engagement zeigen. Und da sind wir schon wieder bei der Sinnfrage. Warum tun Mitarbeiter in ihrer Freizeit solche Dinge? Weil sie ihnen wichtig sind und weil sie ihrem Leben Sinn geben.

Und der Sinn des Lebens besteht sicher nicht zu 100 % aus Arbeit. Der Sinn der Arbeit besteht aber sicher auch nicht allein darin, sagen zu können: "Ich habe alle meine Buchhaltungen zum 10. fertig." Es muss nicht gleich die Welt gerettet werden, aber den Mandanten etwas zu einem einfacheren Leben an der Steuerfront zu verhelfen oder ihn in seinen unternehmerischen Zielen zu unterstützen, ist doch schon mal was.

Auf Ihre Teams bezogen: Das reine "Abarbeiten" kann nicht die selbstständige Teamarbeit inspirieren, die Sie sich vielleicht vorstellen. Geben Sie Ihren Teams den Sinn, die Arbeit nicht nur zu erledigen, sondern sich auch als Team weiter zu entwickeln - und dass nicht nur immer unter der Maßgabe der wirtschaftlichen Effizienz, sondern auch unter dem Aspekt der guten Zusammenarbeit untereinander und mit Mandanten und Co.

Geeignete Mitarbeiter für eine Teamleitung

Nicht jeder Mitarbeiter kann und will mehr Verantwortung haben. Das hat direkt mit der in der Steuerkanzlei gelebten Fehlerkultur zu tun. Wenn Menschen viele Jahre die Erfahrung gemacht haben, dass Fehler eben doch nicht "toll" sind, weil wir daraus lernen können, dann ist der Weg zu eigenen Entscheidungen manchmal steinig. Daher steht und fällt Ihre Teamstruktur tatsächlich mit den Mitarbeitern, die Sie zu Teamleitern machen. Das sollten die Menschen in der Kanzlei sein, die durchaus bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Und das müssen nicht immer die fachlich Besten sein (aber bitte auch nicht die fachlich schlechtesten). Wichtig sind hier Sozialkompetenzen wie Kommunikation und Integrationskraft. Es ist dringend zu raten, den designierten Teamleitern eine Ausbildung an dieser Stelle zu gönnen. Das ist eine der besten Investitionen, die Sie tätigen können. Stellenbeschreibungen für Teamleiter sind häufig verschwommener und unkonkret. Sie sollten aber ausdrücken, was Sie konkret von Ihren Teamleitern erwarten.

Achtung: Stellenbeschreibung: So bitte nicht!

"Der Teamleiter übernimmt die Leitung und Kontrolle eines Teams, um zu gewährleisten, dass auf allen Kanzleiebenen die fachlichen und persönlichen Ressourcen zwar im individuellen Mandanteninteresse, aber auch unter Wahrung ökonomischer Gesichtspunkte ausgeschöpft werden. Dies geschieht durch gezielte Kommunikation, Information und Erfahrungsaustausch.

Der Teamleiter führt die Mitarbeiter seines Teams nach kooperativen, weitestgehend auf gegenseitigen Abmachungen bestehenden Führungsgrundsätzen, zur Schaffung eines Umfeldes, welches die individuellen Belange der Mitarbeiter mit denen der Kanzlei in einen optimalen Einklang bringt.

Dabei hat er darauf zu achten, dass alle in der Abteilung zur Verfügung gestellten fachlichen und persönlichen Kompetenzen und Mittel zur Schaffung und Gewährleistung einer anforderungsgemäßen Dienstleistungsqualität eingesetzt werden."

Treffen Sie klare Aussagen über:

  • Aufgaben des Teams,
  • Aufgaben des Teamleiters,
  • Entscheidungskompetenzen des Teamleiters
  • Kommunikationspflichten Ihnen gegenüber.

Verantwortung werden Ihre Mitarbeiter nur übernehmen, wenn klar ist wofür genau dies geschehen soll.

Team strukturiert aufstellen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, nach welcher Grundstruktur Teams in einer Kanzlei aufgestellt werden können:

Alternative 1: Team nach Auftragsart (Lohn, Fibu, Abschluss, Steuern, bestimmte Beratungsthemen)

Dies ist oft die nahe liegende Idee. Kompetenzen werden geballt und sind dann auch nach außen "sichtbar". Zusätzlich bietet diese Organisationsform die Möglichkeit auch die innovative Weiterentwicklung einzelner Prozesse mit in der Team-DNA zu verankern.

Der Nachteil: Es besteht die Gefahr des "Silo-Denkens" – jeder Auftrag sieht nur sich und seine Aufgaben und Prozesse. Sie brauchen hier also noch einen vermittelnden Koordinator. In vielen Kanzleien übernimmt diese Aufgabe der Qualitätsmanagement-Beauftragte. Ansonsten bleibt diese Aufgabe bei Ihnen.

Praxis-Tipp: Fibu und Jahresabschluss nicht trennen

Wenn Sie sich für diese Form der Teamstruktur entscheiden, sollten sie die Bereiche Fibu und Jahresabschluss nicht trennen. Aufgrund der digitalen Entwicklung und der damit einhergehenden Automatisierung der Fibu (Stichwort: Selbstkontierung mit Hilfe von Buchungsautomaten) werden diese beiden Bereiche schnell zum Team Rechnungswesen zusammenwachsen.

Alternative 2: Team nach festem Mandantenstamm oder Mandanten eines Chefs

Diese Form eignet sich nur für sehr große Kanzleien. In Einheiten bis 50 Mitarbeitern mangelt es insbesondere an den jeweils passenden Kapazitäten, wenn neue Mandate dazu kommen. Eine Abwandlung ist hier, die Teams nach Branchen zu bilden. Dafür braucht Ihre Kanzlei aber einen echten Schwerpunkt für eine oder mehrere Branchen. Davon können Sie erst dann ernsthaft sprechen, wenn Sie mit einer Branche über 30 % Ihres Umsatzes generieren.

Alternative 3: Team nach Mitarbeitern

Hier ist ein Teamleiter für mehrere Mitarbeiter verantwortlich. Die Intention hinter dieser Form der Teams ist meist auch Führungsverantwortung auf die Teamleiter zu übertragen. Dabei ist die optimale Mitgliederzahl des Teams max. 5-7 Teilnehmer. Der Teamleiter hat dann die Aufgabe, als Ansprechpartner für seine Teammitglieder nicht nur organisatorisch, sondern auch für die persönliche Ebene Zufriedenheit der Mitarbeiter, Feedback, Mitarbeiterentwicklung) zur Verfügung zu stehen. Achtung: Diese Teamleiter sollten Sie für diese Rolle nicht nur kommunikativ fit machen. Sie brauchen hier auch Führungswissen (Motivation, Delegation, Grundsätze der Teamphasen etc.).

In der Praxis ist meist ein Mix aus Strukturen in der Kanzlei anzutreffen. Manche Mandanten haben genau einen Sachbearbeiter für alle Bereiche. Manche Mandanten auch zwei oder drei je nach Arbeitsteilung in der Kanzlei. Dies sind in der Regel gewachsene Strukturen. Daraus eine klare, einheitliche Teamstruktur zu schaffen ist eine Herkulesaufgabe. Die optimale Struktur für alle Kanzleien gibt es nicht. Wie finden Sie die für Sie gute Organisationsform? In Ihrer Kanzlei gibt es 2 große Bereiche:

  1. Tagesgeschäft: Hierfür eignet sich die Teambildung nach Auftragsarten immer noch sehr gut: Lohn, Rechnungswesen inkl. betriebliche Steuern, Einkommensteuer.
  2. Projekte: Für die Arbeit an der Kanzlei sollte es zusätzlich zu den festen Auftragsteams temporär agierende Projektteams geben. Diese finden sich für die Zeit eines Projekts zusammen und bestehen "crossfunktional" aus Experten aller Bereiche. Themen gibt es genug: Digitalisierungsprojekte, Aufbau von Beratungs-leistungen, Finden und Binden von Mitarbeitern, Social Media… Vorteil: Das "Silodenken" wird immer wieder durchbrochen wird, da die Experten der einzelnen Aufträge immer wieder zusammen an Themen arbeiten.