Darlehensbürgschaft für Riester-Entnahme ausreichend?

Nach § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG kann der Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgebetrag gebildete und nach § 10a EStG oder dem XI. Abschnitt des EStG geförderte Kapital in vollem Umfang oder teilweise entnehmen.

Bei teilweiser Entnahme muss das verbleibende geförderte Restkapital mindestens 3.000 EUR betragen. Nummer 1 der Vorschrift sieht vor, dass bis zum Beginn der Auszahlungsphase eine solche Verwendung unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens möglich ist, wenn das dafür entnommene Kapital mindestens 3.000 EUR beträgt.

Das FG Berlin-Brandenburg hat sich mit der Frage beschäftigt, ob nur der Darlehensnehmer berechtigt ist, gefördertes Kapital zu entnehmen oder auch die mithaftende Ehefrau, welche eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Bezug auf die Darlehen abgegeben hat.

Fall des FG Berlin-Brandenburg

Die Klägerin erwarb zusammen mit ihrem Ehemann ein mit einem Gebäude bebautes Grundstück. Beide Eheleute sind in das Grundbuch eingetragen und bewohnen die Immobilie selber. Der Ehemann hatte zur Finanzierung der Immobilie mehrere Darlehen aufgenommen. Die Klägerin wurde nicht Schuldnerin der Darlehen, verpflichtete sich aber zu selbstschuldnerischen Bürgschaften. Zur weiteren Sicherung der Darlehen wurden zugunsten der Bank Grundschulden auf die Immobilie eingetragen.

Die Klägerin beantragte in 2020 für ihren Altersvorsorgevertrag die Entnahme von Kapital zur Sondertilgung der Darlehen. Das Finanzamt lehnte den Antrag hinsichtlich der Klägerin mit der Begründung ab, dass sie nicht unmittelbare Darlehensschuldnerin und somit keine wohnungswirtschaftliche Verwendung gegeben sei.

Auffassung der Klägerin

Die Klägerin ist der Auffassung, dass § 92a EStG nicht die unmittelbare Schuldnerschaft für die zu tilgenden Darlehen fordere. Eine derartige Auslegung würde dem Sinn und Zweck der geförderten Altersvorsorge widersprechen. Der Finanzierungszusammenhang ergebe sich bereits aus den übernommenen Bürgschaften und den Grundschuldlasten. Die abzulösenden Darlehen seien für die von ihr selbstgenutzte Immobilie aufgenommen worden, so dass der Wortlaut des Gesetzes erfüllt sei. Durch die Haftung stehe sie faktisch einer Darlehensnehmerin gleich.

FG Berlin-Brandenburg: Bürgschaft nicht mit Darlehen gleichzusetzen

Leider hatte die Klage vor dem FG Berlin-Brandenburg kein Erfolg (Urteil v. 21.4.2022, 15 K 15132/21). Die Klägerin könne mit dem begehrten Kapital aus ihrem Altersvorsorgevertrag kein eigenes Darlehen tilgen, welches zur Anschaffung einer begünstigten Immobilie von ihr aufgenommen worden wäre. Denn die vorgesehenen Darlehen sind von ihrem Ehemann vertraglich begründet worden. Sie sei nicht Schuldnerin der Darlehen gewesen.

Zwar bürgte sie zunächst selbstschuldnerisch für die von ihrem Ehemann aufgenommenen Verbindlichkeiten, die zur Anschaffung der auch von ihr selber bewohnten Immobilie verwendet worden sind. Eine Bürgschaft sei aber nicht mit einem Darlehen gleichzusetzen. Während ein Darlehen bedeute, für eine eigene Schuld einzustehen, hafte der Bürge lediglich für eine fremde Schuld. Die Klägerin sei zunächst nicht Gesamtschuldnerin geworden, so dass sie mit der beabsichtigten Ablösung bzw. Tilgung keine eigene Schuld bedienen könne, die erforderlich geworden wäre, um eine eigene Wohnung anzuschaffen, so das FG.

Revisionsverfahren beim BFH anhängig

Gegen die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg wurde vom FG die Revision zugelassen. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelung zur Altersvorsorgezulage, unter anderem auch wegen der Begünstigung von Ehegatten durch die Möglichkeit der mittelbaren Zulagenberechtigung, könne bei einer über den Wortlaut hinausgehenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Begriff des Darlehens i. S. von § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG extensiv zu verstehen sein.

Das Revisionsverfahren (Az X R 6/22) ist wegen folgenden Rechtsfragen anhängig:

Gestattung der Entnahme von gefördertem Altersvorsorgevermögen zur Tilgung eines Darlehens des Ehemannes der Klägerin für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung, die im gemeinschaftlichen Eigentum beider Ehegatten steht und von diesen gemeinsam selbst genutzt wird: Ist lediglich der Darlehensnehmer berechtigt, gefördertes Kapital zu entnehmen oder aber auch die mithaftende Ehefrau, welche eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Bezug auf die Darlehen abgegeben hat, eine Grundschuld zur Sicherung der Darlehen auf ihr Eigentum aufgenommen hat und daher für die Schuld aus dem Darlehensvertrag ebenfalls eintrittspflichtig ist? Sinn und Zweck des § 92a EStG?

Schlagworte zum Thema:  Riester-Rente, Einkommensteuer