Brexit: Vererbung von Wohnimmobilien

Im entworfenen Fall besitzt der in Deutschland lebende A eine Immobilie in London, die er an seinen einzigen Sohn vererben möchte. Die Wohnung liegt im Zentrum von London und ist dauerhaft an eine britische Familie vermietet. 

Der Wert der Immobilie beträgt 10 Mio. EUR. Weiteres Vermögen hat A nicht. Sein Sohn lebt in Deutschland und hat auch niemals länger außerhalb von Deutschland gelebt. Sein Sohn soll Alleinerbe werden; weitere Verwandte sind nicht mehr vorhanden. Hat der Brexit Auswirkungen für A?

Hinweis zu den Fällen: Die in dieser Serie erscheinenden Fälle zum Brexit sind aus der Sicht des immer wahrscheinlicher werdenden "harten" Brexits entworfen worden. Sie behandeln die wesentlichen steuerlichen Fragen, die durch das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs (UK) aus der EU entstehen.

Lösung:

Der Brexit führt dazu, dass die Vergünstigungen für Wohnimmobilien nicht mehr in Anspruch genommen werden können. Diese gelten nur für Immobilien, die in Deutschland oder innerhalb der EU oder dem EWR belegen sind. Daher unterliegt die Immobilie mit dem vollen Wert der Erbschaftsteuer und nicht nur mit 90 %. Die Erbschaftsteeur erhöht sich im vorliegenden Fall durch den Brexit um 230.000 EUR.

Hintergrundinfo:

Da sowohl der A als auch sein Sohn in Deutschland ansässig sind, unterliegt die Erbschaft der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland (§§ 1, 2 Ab. 1 Nr. 1 ErbStG). Der Erwerb von Todes wegen ist steuerpflichtig, da keine Steuerbefreiung vorliegt. Wird ein zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück vererbt, so kann gem. § 13d ErbStG unter bestimmten Voraussetzungen ein Wertabschlag von 10 % vorgenommen werden (§ 13d Abs. 1 ErbStG), d. h. nur 90 % des Wertes unterliegen der Erbschaftsteuer. Dies gilt aber nur, wenn die Immobilie im Inland oder im Mitgliedstaat der EU oder dem EWR belegen ist. Nach dem Brexit liegen diese Voraussetzungen für Immobilien in UK nicht mehr vor.

Der Sohn kann für den Erwerb von Todes wegen die allg. Freibeträge in Anspruch nehmen.

Die gleiche Regelung gilt, wenn die Immobilie nicht vererbt, sondern verschenkt werden soll.

Vor BREXIT

Zu besteuernder Wert der Immobilie9 Mio. EUR (= 90 % x 10 Mio. EUR)
Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG)0,4 Mio. EUR
Erbschaftsteuer (Steuerklasse I, § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG)1,97 Mio. EUR (= 23 % x 8,6 Mio. EUR)

Nach BREXIT

Zu besteuernder Wert der Immobilie10 Mio. EUR
Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG)0,4 Mio. EUR
Erbschaftsteuer (Steuerklasse I, § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG)2,2 Mio. EUR (= 23 % x 9,6 Mio. EUR)

Checkliste:

  • Soll eine Immobilie in UK vererbt/verschenkt werden?
  • Ist diese Immobilie zu Wohnzwecken vermietet?
  • Handelt es sich bei der Immobilie um ein sog. Familienheim, d. h. wird es vom Erblasser/Schenker selbst bewohnt?
  • Sind Erblasser/Schenker und/oder Erbe/Beschenkter in Deutschland ansässig?

Alle 100 Fälle zu den Rechtsfolgen eines "harten" Brexit

In Ihren Haufe Steuer Office Produkten finden Sie aktuell unter dem Haufe Index 12414049 die komplette Fallsammlung zu den wesentlichen steuerlichen Fragen, die durch das Ausscheiden von UK aus der EU im Falle eines "harten" Brexit entstehen. Gegliedert sind die Fälle in 7 Abschnitte mit folgendem Inhalt:

  • Schutzumfang der europäischen Grundfreiheiten;
  • Ertragsteuern der Unternehmen;
  • Umwandlungen;
  • Umsatzsteuer;
  • Zollrecht;
  • Ertragsteuern der natürlichen Personen;
  • Erbschaftsteuer.

Die Fälle werden bei Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen zeitnah angepasst.

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Schlagworte zum Thema:  Brexit, Erbschaftsteuer