Beteiligung bei doppelter Haushaltsführung

Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.

Mit der Frage, welche Anforderungen an die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG ab 2014) zu stellen sind, haben sich kürzlich das Niedersächsische FG und das FG Düsseldorf beschäftigt.

Auffassung der Finanzverwaltung

Nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF v. 24.10.2014,  IV C 5 - S 2353/14/10002, Rz. 100) setzt das Vorliegen eines eigenen Hausstandes neben dem Innehaben einer Wohnung aus eigenem Recht als Eigentümer oder Mieter bzw. aus gemeinsamen oder abgeleitetem Recht als Ehegatte, Lebenspartner oder Lebensgefährte sowie Mitbewohner auch eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (laufende Kosten der Haushaltsführung) voraus. Es genügt nicht, wenn der Arbeitnehmer z. B. im Haushalt der Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer unentgeltlich bewohnt oder wenn dem Arbeitnehmer eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird.

Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der gesamten Haushaltsführung ist darzulegen und kann auch bei volljährigen Kindern, die bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen, nicht generell unterstellt werden. Betragen die Barleistungen des Arbeitnehmers mehr als 10 % der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Haushaltsführung (z. B. Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs) ist von einer finanziellen Beteiligung oberhalb der Bagatellgrenze auszugehen. 

Niedersächsisches FG entscheidet zugunsten des Klägers

Im Fall des FG Niedersachsen unterhielt der volljährige Sohn eine Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte. Zudem bewohnte er in seinem Elternhaus eine nicht abgeschlossene Obergeschosswohnung. Mit den Eltern wurde kein Mietvertrag geschlossen. An den laufenden Haus- und Nebenkosten beteiligte er sich nicht; im Dezember 2019 überwies er jedoch Beträge mit dem Verwendungszweck "monatliche Kostenbeteiligung". Zudem konnte er Lebensmitteleinkäufe und die anteilige Zahlung für die Erneuerung der Fenster (an den Vater) nachweisen. Die Kostenbeteiligung betrug nach einer Aufstellung über 10%. 

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass eine Rückbeziehung der Einmalzahlungen vom Dezember nicht zulässig ist. Allenfalls könne deshalb ein Betrag in Höhe von 1/12 als finanzielle Beteiligung an den laufenden Kosten der Haushaltsführung angenommen werden. 

Das Niedersächsische FG (Urteil v. 18.9.2019, 9 K 209/18) ist auf der Seite des Klägers. Zwar stimmt das FG mit der Finanzverwaltung bezüglich der 10 %-Grenze überein, eine gleichmäßige Beteiligung an den monatlichen laufenden Aufwendungen für Miete usw. kann aber nicht gefordert werden. Da weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesbegründung auf ein solches Erfordernis hindeuten, verbiete sich eine entsprechende Auslegung. Daher können auch einmalige oder außergewöhnliche Kosten mitzählen. Auf den Zeitpunkt der Zahlungen kann es nach Auffassung des FG dabei nicht ankommen. Eine maßgebliche Beteiligung am Familienhaushalt könne auch dann bejaht werden, wenn die hierfür erforderliche Leistung eines finanziellen Beitrags erst im Laufe oder am Ende des Jahres erbracht wird.

FG Düsseldorf entscheidet zuungunsten des Klägers

Im Fall des FG Düsseldorf schloss der Sohn mit den Eltern einen Mietvertrag über 31 qm (frühere Kinderzimmer und Badezimmer) ab. Er zahlte Miete und Nebenkosten (weitere Kosten z. B. für Lebensmittel konnten nicht nachgewiesen werden). Der Kostenanteil betrug insgesamt 11,07 % der Gesamtkosten des Gebäudes. 

Nach Auffassung des Finanzamts liegt eine doppelte Haushaltsführung nicht vor, da der Kläger keinen eigenen Hausstand unterhalten und sich auch nicht finanziell an den Kosten der Lebensführung (alltägliche Aufwendungen) beteiligt habe.

So sieht es auch das FG Düsseldorf (Urteil v. 28.05.2020, 9 K 719/17 E). Für die Ermittlung des Bedeutungsinhalts des Begriffs "Kosten der Lebensführung" legt es der Wortlaut nahe, auch Aufwendungen die zur Aufrechterhaltung dieses anderen Hausstandes zu tragen sind, mit einzubeziehen. Erfasst werden daher die Kosten für die Unterhaltung des Wohnraums an sich, aber auch solche Kosten, die das alltägliche Leben erforderlich macht, nämlich Wohnnebenkosten und Verbrauchskosten, Kosten für die Anschaffung von Haushaltsgegenständen oder Kosten für Lebensmittel sowie Dinge des alltäglichen Gebrauchs. Dabei muss nach den Gesamtverhältnissen zum Ausdruck kommen, dass der Steuerpflichtige durch seinen finanziellen Beitrag an den Kosten der Haushaltsführung ein nicht unmaßgeblicher Bestandteil eines gemeinsamen Haushalts ist und nicht lediglich einem fremden Haushalt unmaßgeblich angegliedert ist, sei es auch durch eine Kostenbeteiligung.

Der finanzielle Beitrag muss sich auch auf die Kosten der Haushaltsführung "im Übrigen" erstrecken, also nicht nur die Wohnkosten erfassen. Denn nur durch eine Beteiligung auch an alltäglichen Kosten wird zum Ausdruck gebracht, dass man mitbestimmender Angehöriger einer Haushaltsgemeinschaft ist, so das FG. Eine Beteiligung an den Wohnnebenkosten ist dabei nicht gleichzusetzen mit der finanziellen Beteiligung an den Kosten der gemeinsamen Haushaltsführung, weil über die Tragung der (anteiligen) Wohnnebenkosten hinaus für eine Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung auch die Übernahme der Kosten für die gemeinsame Lebenshaltung, insbesondere in Gestalt von Lebens- und Verbrauchsmitteln für die alltägliche Durchführung der gemeinsamen Haushaltsführung, zu fordern ist. 

Revisionsverfahren beim BFH anhängig

Da über die Auslegung des Merkmals der finanziellen Beteiligung an den Kosten der Lebensführung in § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG bislang durch die Rechtsprechung nicht abschließend entschieden worden ist, haben die FG die Revision zugelassen, welche – soweit ersichtlich – aber nur gegen die Entscheidung des FG Niedersachsen eingelegt wurde (VI R 39/19).