Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt.

§ 33 Abs. 1 EStG setzt voraus, dass der Steuerpflichtige eine außergewöhnliche "Belastung" zu tragen hat. Eine solche liegt nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des BFH nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Gegenstände anschafft, die für ihn einen Gegenwert zu den aufgewandten Kosten darstellen. Dann soll es sich um eine bloße Umschichtung von Vermögenswerten handeln, die den Steuerpflichtigen nicht "belastet". Nur soweit Werte aus seinem Vermögen oder seinem laufenden Einkommen endgültig abfließen, liegt nach der Gegenwertlehre bei ihm, anders als bei einer reinen Vermögensumschichtung – eine außergewöhnliche Belastung vor.

Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Hauses können nach einer neueren Entscheidung des BFH als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein, wenn sie so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit stehen, dass die etwaige Erlangung eines Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände des Einzelfalls in den Hintergrund tritt (BFH, Urteil v. 22.10.2009, VI R 7/09, BStBl 2010 II S. 280). Der BFH stellt sich auf den Standpunkt, dass die durch die Behinderung veranlassten reinen Umbaukosten zwar als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen sind, die aber den Sofortabzug der Aufwendungen nach sich ziehen.

Der BFH hält es jedoch für denkbar, dem Steuerpflichtigen im Wege der abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) ein Wahlrecht auf Verteilung der Aufwendungen einzuräumen, wenn ein zu geringer Gesamtbetrag der Einkünfte dem vollen Abzug der Aufwendungen entgegensteht, sodass sich der Sofortabzug des Gesamtaufwands nur zum Teil steuerlich auswirkt.

Praxishinweis: Das FG des Saarlandes (Urteil v. 6.8.2013, 1 K 1308/12, EFG 2013 S. 1927) hat in einem Fall, in dem Kosten für den behindertengerechten Umbau eines Wohnhauses von 135.143 EUR angefallen sind, die sich bei einem Sofortabzug wegen des ohnehin geringen Gesamtbetrags der Einkünfte nur zum Teil steuermindernd ausgewirkt hätten, eine Verteilung auf 5 Jahre akzeptiert. Die eingelegte Revision hat der BFH als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb der Revisionsfrist eingelegt.

Das FG Baden-Württemberg (Urteil v. 23.4.2015, 3 K 1750/13, Rev. anhängig unter Az.: VI R 36/15) stellt sich in einer aktuellen Entscheidung – entgegen der Ansicht des Saarlandes – auf den Standpunkt, dass eine Verteilung der in einem Veranlagungszeitraum aufgewandten als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Aufwendungen auf mehrere Veranlagungszeiträume nicht aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO zu gestatten ist. Sachliche Billigkeitsgründe liegen nicht vor, weil es der Gesetzgeber für den Bereich der außergewöhnlichen Belastungen nicht für notwendig erachtet habe, eine Ausnahmeregelung vom Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG vorzusehen. Die gesetzlichen Regelungen zum Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zielen nicht darauf ab, eine größtmögliche Steuerentlastung zu erhalten.  

In einschlägigen Fällen sollte Einspruch eingelegt werden, der dann ruht, bis der BFH über die Streitfrage entschieden hat.