Milliardenverluste durch Mehrwertsteuerlücke EU-Kommission

Laut einer neuen Studie über die Mehrwertsteuerlücke in den Mitgliedstaaten liegen die auf Verstöße oder Nichteinziehung zurückzuführenden Verluste bei den Mehrwertsteuereinnahmen im Jahr 2011 bei schätzungsweise 193 Mrd. EUR (1,5 % des BIP).

Die Studie wurde von der Kommission als Teil ihrer Arbeiten zur Reform des MwSt-Systems in Europa sowie im Rahmen ihrer umfassenden Kampagne gegen Steuerhinterziehung finanziert. Die Studie enthält detaillierte Angaben über die Differenz zwischen der geschuldeten Mehrwertsteuer und dem tatsächlich in 26 Mitgliedstaaten zwischen 2000-2011 eingezogenen Betrag. Zudem werden die wichtigsten Faktoren, die zum Entstehen der MwSt-Lücke beitragen, zusammen mit einem Überblick über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die MwSt-Einnahmen aufgezeigt.

Algirdas Šemeta, der für Steuern zuständige EU-Kommissar, erklärte: "Der Betrag an MwSt-Einnahmen, der durch das Netz rutscht, ist nicht tragbar, insbesondere angesichts des Beitrags, den solche Beträge zur Stärkung der öffentlichen Finanzen leisten könnten. Von den heute veröffentlichten Ergebnissen der Studie gehen jedoch auch positive Signale aus. Unsere ehrgeizige Reform des MwSt-Systems, die Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung und unsere Empfehlungen für nationale Steuerreformen gehen alle in die richtige Richtung. Wir kennen das Problem, wir haben Lösungen dafür ermittelt und nun ist es an der Zeit, dass die Mitgliedstaaten handeln. Die heutigen Zahlen werden in den kommenden Jahren als Grundlage für die Bewertung ihrer Fortschritte bei der Verbesserung der Einhaltung der MwSt-Vorschriften dienen."

Die MwSt-Lücke ist die Differenz zwischen den erwarteten MwSt-Einnahmen und den tatsächlich von den nationalen Behörden eingezogenen Mehrwertsteuerbeträgen. Obwohl die Nichteinhaltung von Steuervorschriften sicherlich ein wichtiger Faktor für diese Einnahmenausfälle ist, kann die MwSt-Lücke nicht nur auf Betrug zurückgeführt werden. Weitere Gründe für nicht entrichtete Mehrwertsteuerbeträge können u. a. Insolvenzen, statistische Fehler, Zahlungsverzug und legale Steuervermeidung sein. Um die MwSt-Lücke wirksam zu schließen, muss ein breit gefächerter Ansatz verfolgt werden.

In erster Linie sind ein härteres Vorgehen gegen Steuerhinterziehung und eine strengere Durchsetzung auf nationaler Ebene von wesentlicher Bedeutung. Im Rahmen der im Dezember 2011 begonnenen MwSt-Reform wurden bereits wichtige Instrumente zur Gewährleistung eines besseren Schutzes gegen MwSt-Betrug geschaffen (siehe  IP/11/1508). So können die Mitgliedstaaten z. B. durch den im Juli 2013 angenommenen Schnellreaktionsmechanismus viel schneller und wirksamer auf unvermittelt auftretende Arten von schwerwiegendem Mehrwertsteuerbetrug reagieren (siehe  IP/12/868).

Zudem gilt, je einfacher das System, desto einfacher ist es für die Steuerpflichtigen, die Vorschriften einzuhalten. Daher hat die Kommission all ihre Bemühungen darauf ausgerichtet, das MwSt-System für Unternehmen in ganz Europa einfacher zu gestalten. So sind zum Beispiel seit Anfang des Jahres neue Maßnahmen zur Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung und gesonderte Bestimmungen für kleine Unternehmen in Kraft (siehe  IP/12/377), und ein EU-weites Standardformular für die MwSt-Erklärung soll in den kommenden Wochen vorgeschlagen werden. Ab dem 1. Januar 2015 wird es eine einzige Anlaufstelle (One Stop Shop) für elektronische Dienstleistungen und Telekommunikationsunternehmen geben, die zur besseren Einhaltung der MwSt-Vorschriften beitragen soll, indem die MwSt-Verfahren für diese Unternehmen erheblich vereinfacht werden und es ihnen ermöglicht wird, eine einzige MwSt-Erklärung für ihre Tätigkeiten in der gesamten EU einzureichen (siehe  IP/12/17).

Schließlich müssen die Mitgliedstaaten ihre nationalen Steuersysteme dahingehend reformieren, dass die Einhaltung der MwSt-Vorschriften erleichtert, von Steuerhinterziehung und -umgehung abgeschreckt und die Effizienz der Steuererhebung verbessert wird. Die Kommission hat diesbezüglich in den länderspezifischen Empfehlungen (siehe  SPEECH/13/480) eine klare Leitlinie vorgegeben. Aus dem heute veröffentlichten Bericht geht auch hervor, dass komplizierte Steuersysteme mit unterschiedlichen Steuersätzen zur Nichteinhaltung der Vorschriften beitragen können. Daher sollte der wiederholten Aufforderung der Kommission an die Mitgliedstaaten, die nationalen Steuerbemessungsgrundlagen zu erweitern und Steuerbefreiungen und ‑ermäßigungen einzuschränken, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dies würde nicht nur zur Vereinfachung der Steuersysteme beitragen, sondern den Mitgliedstaaten ermöglichen, Erhöhungen der MwSt-Normalsätze zu vermeiden.

Hintergrund

Im Dezember 2011 stellte die Kommission eine umfassende Strategie zur Reform des MwSt-Systems in Europa vor (siehe  IP/11/1508;  MEMO/11/874).

Die letzte Studie über die Mehrwertsteuerlücke in der EU wurde im Jahr 2009 veröffentlicht und befasste sich mit dem Zeitraum 2000-2006 (siehe  IP/09/1655).

Einzelheiten finden Sie in  MEMO/13/800

Der vollständige Bericht

EU-Kommision, Pressemitteilung v. 19.9.2013
Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer