Ampel debattiert über Pendlerpauschale

Seit Wochen überlegt die Bundesregierung, wie sie die Bürger von den explodierenden Energiepreisen entlasten kann. Jetzt kommt eine Pauschale ins Gespräch, die Klimaschützer am liebsten abschaffen statt anheben würden.

Angesichts der hohen Spritpreise diskutiert die Bundesregierung über eine Anpassung der Pendlerpauschale in der Steuererklärung. Finanzminister Christian Lindner (FDP) zeigte sich offen für eine solche Reform, die vor allem Arbeitnehmer und Selbstständige mit langem Weg zur Arbeit entlasten würde. Die Grünen dagegen bremsten am Dienstag sofort: Hilfen dürften die "fossile Inflation" nicht weiter anheizen.

Pendlerpauschale klimaschädlich?

Mit der Pendlerpauschale lassen sich die Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit steuerlich absetzen - und zwar unabhängig davon, mit welchem Verkehrsmittel man unterwegs ist. Kritikern gilt sie als klimaschädlich, weil sie aus ihrer Sicht dazu ermutigt, weit weg vom Arbeitsplatz zu wohnen. In den kommenden Jahren soll die Pauschale nach bisherigem Plan schrittweise angehoben werden, um die finanzielle Mehrbelastung durch den steigenden CO2-Preis abzufedern.

Lindner zeigt sich offen

Lindner betonte, es müsse ein Einvernehmen nicht nur der Koalitionspartner SPD, Grüne und FDP, sondern auch der Länder geben, um zur Entlastung jetzt an der Pendlerpauschale zu rütteln. "Wenn es da eine Einigung gebe, daran etwas zu tun, würde es am Finanzminister nicht scheitern", sagte der FDP-Politiker in der Sendung "RTL Direkt". "Denn in der Tat, in der breiten Mitte der Gesellschaft sind Menschen betroffen von den steigenden Energiekosten." Wenn sich die deutsche Politik einig sei, im Bereich der Entfernungs- und Pendlerpauschale etwas zu tun, "dann würde es am Finanzminister nicht scheitern - im Gegenteil!"

Grüne: Gesamtpaket mit Entlastungen

Grünen-Fraktionsvize Lisa Paus warnte dagegen: "Jetzt an der Pendlerpauschale rumzudoktern, ist wenig hilfreich." Nötig seien Hilfen, "die gezielt dort wirken, wo sie am meisten gebraucht werden und nicht weiter die fossile Inflation anheizen", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die Ampel-Regierung arbeite an einem Gesamtpaket mit Entlastungen, zu dem neben dem Heizkostenzuschuss für Geringverdiener ein Kindersofortzuschlag, die Aufteilung des CO2-Preises bei den Heizkosten zwischen Mietern und Vermietern und die möglichst rasche Abschaffung der EEG-Umlage gehöre.

SPD: Kurzfristiger Entlastungsimpuls notwendig

SPD-Fraktionsvize Achim Post betonte, wirksame Entlastungen für besonders betroffene Bevölkerungsgruppen und auch Betriebe seien "sinnvoll und notwendig". Unabhängig vom Maßnahmenmix sei in jedem Fall klar: "Wir brauchen einen Entlastungsimpuls, der kurzfristig, gezielt und sozial gerecht wirkt." Auch er nannte etwa eine frühere Abschaffung der EEG-Umlage möglichst bereits im Sommer. "Die Umsetzung ist aber nicht ganz einfach, so dass jetzt zügig zu prüfen ist, ob und bis wann das machbar ist", sagte er der dpa.

Landkreise und Kommunen: Richtiges Signal

Landkreise und Kommunen halten Lindners Vorstoß für das richtige Signal. "In Anbetracht steigender Energiepreise ist es mehr als nachvollziehbar, die gestiegenen Kosten für den Arbeitsweg von der Steuer absetzen zu können", sagte der Präsident des Landkreistags, Reinhard Sager. Für Menschen in den ländlichen Räumen spiele das eine große Rolle.

"Wir sind ebenfalls dafür, klimaschädliche Subventionen auf den Prüfstand zu stellen", betonte er. "Dabei geht es aber bei der Pendlerpauschale nicht." Die Pauschale sei weder Subvention noch ein Geschenk des Staates, sondern sorge dafür, dass man seinen Lebensmittelpunkt und Arbeitsort frei wählen könne. Nicht umsonst sei die deutsche Wirtschaft so dezentral aufgestellt mit vielen "Hidden Champions" gerade im ländlichen Raum. Auch der Städte- und Gemeindebund begrüßte den Vorstoß.

Union: Erhöhung der Pendlerpauschale auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer

Die Fraktionsvorsitzenden der Union in Bund und Ländern forderten konkret eine Erhöhung der Pendlerpauschale auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer. Derzeit beträgt sie bis zum 20. Kilometer 30 Cent pro Kilometer, ab dem 21. Kilometer 35 Cent pro Kilometer.

dpa