Steuererklärung vom Finanzamt
Hessen startet ein Pilotprojekt, bei dem das Finanzamt automatisch einen Vorschlag zur Festsetzung der Einkommensteuer macht. Es muss dazu keine eigene Steuererklärung eingereicht werden. "Die Steuer macht jetzt das Amt: Davon dürften viele träumen. Wir machen es jetzt möglich", sagte Finanzminister Alexander Lorz (CDU) bei der Vorstellung des Projektes in Wiesbaden.
Zunächst einmal wird der Service rund 6.000 Steuerpflichtigen im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Kassel angeboten, die nach Angaben des Finanzministeriums die Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2024 schon verpasst haben. Sie müssen dabei nicht selbst die Steuererklärung ausfüllen, sondern erhalten von der Behörde einen Vorschlag, den sie annehmen oder über die Elster-Software auch ergänzen können.
Automatischer Bescheid nach vier Wochen
Sonst erstellt das Finanzamt nach Ablauf einer Frist von vier Wochen den Steuerbescheid. Es ist aber auch weiterhin möglich, eine selbst erstellte Steuererklärung einzureichen. Grundlage für den Vorschlag des Finanzamts sind Daten etwa zu Lohn, Rente und Versicherungen, die der Steuerverwaltung wegen der entsprechenden Meldepflichten ohnehin schon vorliegen. Daraus erstellt die Behörde dann automatisiert einen Vorschlag zur Festsetzung der Einkommensteuer.
Nicht jeder muss Steuererklärung machen
Voraussetzung in dem Pilotprojekt ist, dass der jeweilige Steuerpflichtige zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist und nicht steuerlich vertreten oder beraten wird. Generell ist in Deutschland nicht jeder Arbeitnehmer und nicht jede Arbeitnehmerin zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet.
Wer aber etwa Lohnersatzleistungen wie zum Beispiel Arbeitslosengeld, Elterngeld oder Kurzarbeitergeld in Höhe von mehr als 410 EUR im Jahr bezieht oder mehrere Arbeitgeber gleichzeitig hat, muss eine Steuererklärung machen. Auch Freiberufler, Selbstständige und Gewerbetreibende sind grundsätzlich dazu verpflichtet. In der Regel sollte die Steuererklärung bis zum 31. Juli des Folgejahres fertig sein, es gibt aber Möglichkeiten, die Frist dafür zu verlängern.
Mit dem Pilotprojekt in Kassel will die hessische Landesregierung die Bürgerinnen und Bürger entlasten und die Effizienz der Steuerverwaltung steigern. Ist der Testlauf ein Erfolg, soll das Programm ausgeweitet werden.
Bund der Steuerzahler: "Schritt in richtige Richtung"
"Das hessische Pilotprojekt kann ein Schritt in die richtige Richtung sein", sagte der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Hessen, Joachim Papendick. "Dass so etwas aber jetzt erst im kleinen Maßstab ausprobiert wird, zeigt, wie sehr Deutschland hinterherhinkt." Bislang sei die Steuererklärung hierzulande im Vergleich zu anderen Ländern deutlich komplexer und zeitaufwendiger.
Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft begrüßte das Pilotprojekt als wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer modernen, bürgerfreundlichen Steuerverwaltung. "Während unsere Kolleginnen und Kollegen heute noch viel Zeit mit der manuellen Bearbeitung von Standardfällen verbringen, könnten sie sich bei einer vollständigen Digitalisierung auf die wirklich komplexen und wichtigen Fälle konzentrieren", erklärte der Bundesvorsitzende Florian Köbler.
"Vorteile für beide Seiten"
Hessens Finanzminister Lorz sieht in dem Pilotprojekt den nächsten Schritt auf dem Weg zu einer noch bürgerfreundlicheren Steuerverwaltung. "Was wir in diesem Projekt testen, bringt Vorteile auf beiden Seiten." Denn auch die Behörde könne ihrerseits Ressourcen einsparen. Es brauche noch weitere gemeinsame Schritte von Bund und den anderen Ländern, damit die Veranlagung der Steuererklärung durch die Behörde in großem Umfang umgesetzt werden könne.
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