OFD: Grundsteuer für Wohnbereiche in steuerbefreitem Wohnheim

Zur Frage, ob die in einem ansonsten steuerbefreiten Wohnheim eingerichteten Wohnbereiche der Grundsteuer zu unterwerfen sind, hat sich die OFD Karlsruhe umfänglich geäußert.

Dient Grundbesitz, der für steuerbegünstigte Zwecke benutzt wird, zugleich Wohnzwecken, gilt die Befreiung für Wohnräume, wenn der steuerbegünstigte Zweck nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 GrStG nur durch ihre Überlassung erreicht werden kann (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG). Hieraus folgt, dass Räume, die objektiv als Wohnung zu beurteilen sind, ihre Eigenschaft nicht dadurch verlieren, dass ihre Überlassung zu Wohnzwecken im Rahmen einer pflegerischen bzw. therapeutischen Gesamtkonzeption erfolgt (BFH, Urteil v. 11.4.2006, II R 77/04, BFH/NV 2006 S. 1707).

Bewertungsrechtlicher Wohnungsbegriff

Der Begriff der Wohnung i.S.d. § 5 Abs. 2 GrStG knüpft an den bewertungsrechtlichen Wohnungsbegriff an. Danach ist unter Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass sie die Führung eines selbstständigen Haushalts auf Dauer ermöglichen. Hierzu ist es erforderlich, dass die für die Führung eines selbstständigen Haushalts notwendigen Einrichtungen wie Küche oder ein Raum mit Kochgelegenheit, Bad oder Dusche und Toilette vorhanden und - für Bewertungsstichtage ab 1.1.1974 - die als Wohnung in Betracht kommenden Räumlichkeiten gegenüber anderen Wohnungen oder Räumen baulich getrennt sind und somit eine in sich geschlossene Wohneinheit mit eigenem Zugang bilden.

Bestimmte Mindestfläche

Außerdem müssen die zu einer Wohneinheit zusammengefassten Räume eine bestimmte Mindestwohnfläche aufweisen.

Ist die Führung eines selbstständigen Haushalts in einer solchen in sich abgeschlossenen Wohneinheit objektiv möglich, ist diese Einheit auch dann als Wohnung zu beurteilen, wenn sie baulich nicht auf die typischen Bedürfnisse einer Familie zugeschnitten ist oder mehrere Bewohner darin tatsächlich keinen gemeinsamen Haushalt führen.

20 qm Mindestfläche in Studentenwohnheimen

Zu der Frage, welche Mindestwohnfläche für die Annahme einer Wohnung in einem Studentenwohnheim erforderlich ist, haben die für bewertungsabhängige Steuern und Verkehrssteuern zuständigen Vertreter der obersten Finanzbehörden der Länder anlässlich ihrer Sitzung vom 13. bis 15.3.2012 (TOP I/6, Bew I/12) beschlossen, für Zwecke der Einheitsbewertung und Grundsteuer die Entscheidung des BFH vom 17.5.1990 (II R 182/87, BStBl 1990 II S. 705) auch weiterhin anzuwenden. Danach ist für die Annahme einer Wohnung i.S.d. § 5 Abs. 2 GrStG eine Wohnfläche von mindestens 20 qm erforderlich. Zur Mindestgröße einer Wohnung im Bewertungs- und Grundsteuerrecht vergleiche auch Bew-Kartei zu § 75 BewG Karte 15.

§ 181 Abs. 9 Satz 4 BewG nur für ErbSt-Zwecke anwendbar

Die mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz - ErbStRG vom 24.12.2008 (BGBl 2008 I S. 3018) in § 181 Abs. 9 Satz 4 BewG aufgenommene Regelung, wonach Wohnflächen mindestens 23 qm betragen müssen, betrifft den Wohnungsbegriff - entsprechend der Überschrift des sechsten Abschnitts des Bewertungsgesetzes - nur für eine Bewertung zu Zwecken der Erbschaftsteuer ab dem 1.1.2009 und ist somit auf die Bewertung von Alten- und Studentenwohnheime für Grundsteuerzwecken nicht übertragbar.

Rechtsprechung

Grundsätzlich ist die Frage des Vorliegens einer Wohnung im steuerrechtlichen Sinn anhand der örtlichen Gegebenheiten zu beurteilen.

Gegebenenfalls ist eine Fehlerfortschreibung nach § 22 Abs. 3 BewG durchzuführen.

OFD Karlsruhe, Verfügung v. 26.4.2012, G 1102/11 - St 344

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