Entscheidungsstichwort (Thema)

Hilfe für junge Volljährige. Beurteilungsspielraum des Jugendhilfeträgers. Sozialpädagogisch begleitete Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahme

 

Normenkette

SGB VIII §§ 41, 27 Abs. 3, § 13 Abs. 2

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage vom Beklagten die Übernahme ihrer Ausbildungskosten für den Zeitraum Januar 2009 bis zur Beendigung ihrer Ausbildung (Juli 2010) im A…-Zentrum in S… ….

Die Klägerin, geb. am … … 1990, ist die Mutter des im … 2006 geborenen J… L…. Aufgrund einer Überforderung der Klägerin mit ihrer neuen Mutterrolle wurde die Klägerin zunächst zusammen mit ihrem Sohn bei einer Pflegefamilie untergebracht. In dem Zeitraum vom 17. Oktober 2006 bis zum 28. Februar 2008 wohnte die Klägerin in der Einrichtung A…-Zentrum in … … während ihr Sohn weiterhin in der Pflegefamilie betreut wurde. Sodann verzog die Klägerin alleine in eine außerhalb von S… … gelegene Wohnung, in der sie weiterhin von zwei pädagogischen Fachkräften des A…-Zentrums ambulant betreut wurde.

Am 3. September 2007 begann die Klägerin im A…-Zentrum eine Ausbildung zur hauswirtschaftstechnischen Helferin; diese Ausbildung wurde im Juli 2010 von ihr beendet. Die für die Ausbildung anfallenden Kosten übernahm zunächst die Stadt Würzburg als zuständiger Jugendhilfeträger im Rahmen der den Eltern der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt gemäß §§ 27, 34 SGB VIII gewährten Hilfe zur Erziehung.

Nach einem Umzug der Eltern der Klägerin in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten gewährte dieser mit Bescheid vom 16. April 2008 den Eltern der Klägerin vom 1. Mai 2008 bis zum 29. Dezember 2008 (Eintritt der Volljährigkeit der Klägerin am 30.12.2008) Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII in Form der Kostenübernahme für das betreute Wohnen einschließlich der Ausbildungskosten.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 beantragte die Klägerin die Fortsetzung der schulischen bzw. beruflichen Bildungsmaßnahme einschließlich der Berufsvorbereitung nach § 41 SGB VIII und ließ diesen Antrag mit Schreiben vom 28. Januar sowie vom 5. Februar 2009 von ihrem Bevollmächtigten dahingehend präzisieren, dass eine Hilfe für junge Volljährige in Form einer Erziehungsbeistandschaft mit Übernahme der Ausbildungskosten gemäß § 41 SGB VIII i.V.m. § 30 SGB VIII begehrt würde.

Im Rahmen der Hilfeplanfortschreibung durch den Beklagten vom 17. Dezember 2008 wurde festgestellt, dass kein Bedarf der Klägerin an einer vollstationären Unterbringung im A…-Zentrum bestünde. Die Klägerin sei fähig, ihren Alltag weitestgehend selbstständig und eigenverantwortlich zu bewältigen. Auch in Bezug auf ihre Ausbildung sei die Klägerin in der Lage, sich eigenständig auf bevorstehende Lernziele und Inhalte vorzubereiten. Jugendhilferechtlicher Bedarf in Form einer ambulanten Betreuung liege nur noch im Bereich des Umgangs mit Behörden sowie im Hinblick auf die Beziehung der Klägerin zu ihrem Sohn vor.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2009 gab der Beklagte dem Antrag auf Hilfe für junge Volljährige in Form der Erziehungsbeistandschaft (§§ 27, 30, 41 SGB VIII) statt und gewährte diese Hilfe befristet bis zum 31. Mai 2009; der Antrag auf Übernahme der Ausbildungskosten hingegen wurde abgelehnt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass eine Übernahme der Ausbildungskosten im Rahmen einer ambulanten Hilfe nicht möglich sei. Die Ausbildungskosten seien bisher lediglich im Rahmen der Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII aufgrund eines Erziehungsdefizits der Eltern der Klägerin als Annexleistung übernommen worden. Ab Volljährigkeit der Klägerin erfolge eine Prüfung nunmehr nach den Voraussetzungen des § 41 SGB VIII; bei dieser Prüfung sei jedoch nicht das Erziehungsdefizit der Eltern maßgeblich.

Gegen die Ablehnung der Übernahme der Ausbildungskosten durch den Beklagten erhob die Klägerin mit Schreiben vom 23. Februar 2009 Widerspruch mit der Begründung, die Ablehnung widerspreche den Feststellungen der Hilfeplangespräche, die erkennen lassen würden, dass sie ohne Führung und Hilfestellung die begonnene Ausbildung nicht beenden könne. Die Tatsache allein, dass die Klägerin das 18. Lebensjahr vollendet habe, könne nicht zu einer Einstellung der Hilfe führen.

Auch der Antrag der Klägerin bei der Agentur für Arbeit auf Übernahme der Ausbildungskosten im A…-Zentrum wurde mit Bescheid vom 22. Januar 2009 von dieser abgelehnt (vgl. Bl. 17 der Behördenakte). Gegen diesen Ablehnungsbescheid hat die Klägerin Widerspruch erhoben, über den bisher nicht entschieden wurde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2009 wies die Regierung von Unterfranken den Widerspruch der Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 9. Februar 2009 zurück. In den Gründen wurde insbesondere angeführt, dass das Jugendamt des Beklagten in seiner fachlichen Kompetenz die Gesamtverantwortung dafür trage, die aus jugendhilferechtlicher Sicht geeignete und erforderlich...

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