Rz. 26

Abs. 2 Satz 2 normiert unter den entsprechend anzuwendenden Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 (nicht: Satz 3 wie der Gesetzestext verlautbart)[1] die Verschiebung des Regelbemessungszeitraums auf den vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum, wenn im zunächst maßgeblichen Bemessungszeitraum ein Tatbestand des Abs. 1 Satz 2 oder 4 vorliegt, mit der Maßgabe, dass die zum Elterngeldbezug berechtigte Person einen dahin gerichteten Antrag stellt. Damit sind die Ausnahmekonstellationen der Verschiebung des Gewinnermittlungszeitraums vor der Geburt des Kindes als Wahlrecht des Betroffenen ausgestaltet. Hintergrund des Wahlrechts ist, dass der Gesetzgeber dies zur Vermeidung finanzieller Nachteile für erforderlich hielt. Denn bei einem Wechsel auf einen früheren Gewinnermittlungszeitraum kann es insbesondere bei jungen Müttern, deren Betrieb sich noch in der Aufbauphase befindet, wegen der niedrigen Einkünfte in der Aufbauphase zu finanziellen Nachteilen kommen, während es im konkreten Einzelfall überhaupt nicht zu Einkommensreduzierungen gekommen sein muss, weil die Zahlungseingänge aus selbstständiger Tätigkeit häufig mit längerer Verzögerung zur Leistungserbringung erfolgen.[2]

 

Rz. 27

Die Rückverlagerung des Bemessungszeitraums auf den vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum greift – wenn das Wahlrecht ausgeübt wird – bereits dann ein, wenn auch nur an einem Tag des Regelbemessungszeitraums des Abs. 2 Satz 1 ein Tatbestand im Sinne des Abs. 1 Satz 2 oder Satz 3 vorgelegen hat; eine Verschiebung lediglich um einzelne Kalendermonate (oder andere Zeiträume) findet jedoch nicht statt.[3] Dies ergibt sich zum einen aus der klaren Formulierung in Abs. 2 Satz 2, wonach sich der Gesetzeswortlaut mit der Formulierung "diesen Ereignissen" auf die in Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 normierten tatbestandlichen Voraussetzungen bezieht, die die Zurückverlagerung auf den abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum in Gänze bewirken. Zum anderen folgt dies aus dem Sinn und Zweck der Regelung, wonach bezogen auf Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit im Interesse der Verwaltungsvereinfachung nur abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeiträume maßgeblich sind, damit sich die Elterngeldbehörden an den Angaben im Einkommensteuerbescheid ausrichten können.[4] Hinzuweisen ist noch darauf, dass der Ausklammerungstatbestand des Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 (Nichtbeschäftigung während der Mutterschutzfristen) im Rahmen der entsprechenden Anwendung nach Abs. 2 Satz 2 keinen Anwendungsbereich hat.[5] Denn bei Selbständigen besteht keine Mutterschutzfrist. Die Beschäftigungsverbote nach § 3 MuSchG gelten nur für Arbeitnehmerinnen (§ 1 Nr. 1 MuSchG).

 

Rz. 28

Wird von dem Wahlrecht Gebrauch gemacht, sind dann die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem, den Tatbeständen vorangegangenen, steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen. Die Vorverlagerung des Bemessungszeitraums kann, sollten mehrere Tatbestände i. S. d. Abs. 1 Satz 2 vorliegen, auch mehrfach erfolgen. Erstreckt sich ein im Regelbemessungszeitraum liegender Ausklammerungstatbestand zeitlich über einen Jahreswechsel, ist im Ergebnis auf den vorangegangenen Vorveranlagungszeitraum abzustellen.[6]

 

Rz. 29

Der Antrag auf Verschiebung der Bemessungszeiträume kann nur einheitlich für alle Einkunftsarten gestellt werden. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Bemessungszeiträume für die Ermittlung von Einkommen aus nichtselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit grds. deckungsgleich sind.

[1] Der ausdrückliche Verweis auf § 2b Abs. 1 Satz 3 BEEG (anstatt auf § 2b Abs. 1 Satz 4 BEEG) in § 2b Abs. 2 Satz 2 BEEG ist infolge der Neueinfügung durch Art. 1 Nr. 3 Buchst. a) Doppelbuchst. cc) des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes v. 15.2.2021 ein eindeutiges gesetzgeberisches Versehen.
[2] BT-Drucks. 16/2785, S. 38.
[3] Zutreffend: LSG Niedersachsen/Bremen, Urteil v. 22.8.2018, L 2 EG 6/18, juris, Rz. 25-33 (die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BSG als unzulässig verworfen, vgl. BSG, Beschluss v. 15.11.2018, B 10 EG 16/18 B, juris).
[4] BT-Drucks. 17/9841, S. 21.
[6] Vgl. dazu auch: Löbner, SOZIALRECHT aktuell 2014, 1, 4.

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