3.1 Einhaltung der Schriftform

 

Rz. 5

Auch das Sonderkündigungsrecht nach § 19 kann nur unter Einhaltung der allgemeinen Voraussetzungen einer Kündigung ausgesprochen werden. Dies bedeutet, dass auch hierfür die Schriftform des § 623 BGB zu beachten ist. Dies setzt nach § 126 Abs. 1 BGB voraus, dass das Kündigungsschreiben vom Aussteller eigenhändig unterzeichnet ist. Eine Kündigung durch Telefax erfüllt die Schriftform nicht, da die dem Empfänger zugehende Erklärung nur eine Kopie des beim Absender verbleibenden Kündigungsschreibens darstellt (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 21.1.2004, 10 Sa 475/03). Die elektronische Form ist nach § 623 BGB ausdrücklich ausgeschlossen, sodass die Kündigung wirksam nicht durch E-Mail oder SMS erfolgen kann. Eine nicht der Schriftform entsprechende Kündigung ist formungültig und nach § 125 Satz 1 BGB unwirksam und nichtig. Sie muss zu ihrer Wirksamkeit formgerecht wiederholt werden. Daher ist dem Arbeitgeber in Fällen einer vom Arbeitnehmer nur mündlich oder nicht formgerecht ausgesprochenen Kündigung anzuraten, auf dem Ausspruch einer die Schriftform wahrenden Kündigung des Arbeitnehmers zu bestehen.

Wurde in Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag wirksam eine strengere Kündigungsform vereinbart, so muss auch diese beachtet werden. Allerdings liegt in der Vereinbarung einer Kündigung "durch eingeschriebenen Brief" nach Auffassung des BAG[1] nicht zwingend die Regelung einer Wirksamkeitsvereinbarung für die Kündigung, sondern nur eine Beweiserleichterung, sodass auch eine Kündigung durch normalen Brief wirksam ist. Zudem ist hier § 309 Nr. 13 BGB zu beachten, der eine strengere Form als die Schriftform in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für unwirksam erklärt.

3.2 Keine Angabe von Kündigungsgründen

 

Rz. 6

Die Motivation des Arbeitnehmers für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts des § 19 ist letztlich gleichgültig. Der Gesetzgeber sah davon ab, bestimmte Gründe in Zusammenhang mit der Kindererziehung als Voraussetzung für die Ausübung des Kündigungsrechts vorzuschreiben. Der Arbeitnehmer muss die Gründe für die Kündigung daher dem Arbeitgeber auch auf Verlangen nicht mitteilen.[1] Macht der Arbeitnehmer aus Gründen von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch, die nicht im Zusammenhang mit dem Schutzzweck der Kindererziehung stehen, kann der Arbeitgeber eine solche Kündigung gleichwohl nicht als unzulässige Rechtsausübung zurückweisen.[2] Erhält ein Arbeitnehmer bspw. die Möglichkeit, zum Ende der Elternzeit zu einem anderen Arbeitgeber zu besseren Konditionen zu wechseln, so ermöglicht ihm § 19 den Wechsel mit der Kündigungsfrist von 3 Monaten, ohne dass der Arbeitgeber dies verhindern könnte.

[1] APS/Rolfs, § 19 BEEG, Rz. 9.
[2] KR/Kreutzberg-Kowalczyk, § 19 BEEG, Rz. 17.

3.3 Berechnung der Fristen

 

Rz. 7

Für die Berechnung der Dauer der Elternzeit gelten die §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB.[1] Wird die Elternzeit von einem Berechtigten in vollem Umfang in Anspruch genommen, so endet die Elternzeit nach § 15 Abs. 2 BEEG i. d. R. an dem Tag vor dem 3. Geburtstag des Kindes.

 
Praxis-Beispiel

Ende der Elternzeit

Das Kind wurde am 12.5.2020 geboren und vollendet so mit Ablauf des 11.5.2023 das 3. Lebensjahr. Es wurde Elternzeit für die ersten 3 Lebensjahre des Kindes in Anspruch genommen.

Lösung:

Die Elternzeit endet somit am 11.5.2023, 24 Uhr, dies ist zugleich auch der Endzeitpunkt der Kündigungsfrist des § 19. Die Kündigungsfrist wird nun unter Anwendung der §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB ermittelt.[2] Dies bedeutet, dass die Kündigung dem Arbeitgeber spätestens am 11.2.2023 zugegangen sein muss. Die Vorschrift des § 193 BGB findet keine Anwendung.[3] Selbst wenn der letzte Tag, an dem die Kündigungserklärung zugehen muss, ein Samstag (wie hier am 11.2.2023), ein Sonntag oder ein Feiertag ist, reicht der Zugang am folgenden Werktag (hier am Montag, den 13.2.2023) nicht. Daher bleibt es beim 11.2.2023 als dem letzten Tag zum fristgerechten Ausspruch der Kündigungserklärung. Faktisch muss der Arbeitnehmer aber für einen Zugang der Kündigungserklärung am letzten Werktag vor dem letzten rechnerisch möglichen Zugangstermin Sorge tragen, da nur da die maßgeblichen Stellen im Unternehmen besetzt sind.[4] Die Darlegungs- und Beweislast für den rechtzeitigen Kündigungszugang trägt der sich auf die Ausübung des Sonderkündigungsrechts berufende Arbeitnehmer.

 

Rz. 8

Die Kündigung kann bereits mit Beginn der Elternzeit zu deren Ende ausgesprochen werden.

Wird die Elternzeit nach § 16 Abs. 3 BEEG (Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer) oder § 16 Abs. 4 BEEG (Tod des Kindes) vorzeitig beendet, ist der frühere Endzeitpunkt der maßgebliche Kündigungstermin für die Sonderkündigung nach § 19. Kann bei unvorhergesehener Verkürzung der Elternzeit die 3-Monatsfrist auch bei dieser Neuberechnung noch eingehalten werden oder ging dem Arbeitgeber mindestens 3 Monate vor dem vorzeitigen Ende der Elternzeit eine zum (ursprünglichen) Endzeitpunkt ausgesprochene Kündigung zu, so treten die Rechtsfolgen des § 19 ein.[5] Auch der Arbeitnehmer ist dann an die a...

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