Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsbedürftigkeit als Voraussetzung für Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. eheähnliches Verhältnis des Unterhaltsberechtigten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt setzt voraus, dass Unterhaltsbedürftigkeit i.S.d. § 1602 Abs. 1 BGB vorliegt.

2. Ein eheähnliches Verhältnis, in dem der Unterhaltsberechtigte mit einem Partner zusammen lebt, kann sich auf seine Bedürftigkeit auswirken.

 

Normenkette

BGB § 1610 Abs. 2, §§ 1601, 1615l; BAföG §§ 36, 37 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Ilmenau (Beschluss vom 22.04.2004; Aktenzeichen 2 F 353/03)

 

Tenor

1. Der Beschluss des AG - FamG - Ilmenau v. 22.4.2004 wird aufgehoben.

Das Verfahren wird an das AG - FamG - Ilmenau zurückverwiesen.

2. Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung des Beschwerdewertes sind im Verfahren über die Prozesskostenhilfe nicht veranlasst.

 

Gründe

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung eines Betrages i.H.v. 6.837,31 Euro nebst Zinsen aus übergegangenem Recht gem. §§ 36, 37 BAföG in Anspruch.

Die Tochter des Beklagten, geboren am 20.9.1980, hat in dem Zeitraum Oktober 2000 bis Januar 2002 sowie Oktober 2002 bis September 2003 Leistungen nach dem BAföG von dem Kläger erhalten. Die Leistungen erfolgten als Vorausleistungen nach § 36 BAföG, nachdem der Kindesvater keinen Unterhalt leistete.

Die Tochter des Beklagten hat im Jahre 1999 ihr Abitur bestanden, im Jahre 2000 den Studiengang Lehramt an Grundschulen begonnen, diesen im Laufe des dritten Semesters abgebrochen und anschließend ab September 2001 Erziehungswissenschaften studiert. Sie ist Mutter zweier Kinder, der am 11.5.1999 geborenen M.S. und der am 11.4.2003 geborenen H.S. Vater beider Kinder ist Herr Ma.H., geboren am 19.4.1977 und tätig als Bezirksgeschäftsführer der B. Krankenkasse.

Der Kläger hat angeführt, ihm sei nicht bekannt, welche Beziehung zwischen Frau S.S. und Herrn M.H. bestünde. Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt werde durch die Bestimmung des § 1615l BGB nicht verdrängt.

Der Beklagte hat vorgetragen, Frau S.S. sei auf ihren Unterhaltsanspruch gegen den Kindesvater zu verweisen (§ 1615l Abs. 2 S. 2, Abs. 3 BGB). Der Kindesvater sei bereits vor der Geburt der Kinder bei der B. Ersatzkasse beschäftigt gewesen und verdiene mindestens 3.000 Euro monatlich netto.

Die Kindeseltern lebten mindestens seit dem 1.10.1998 zusammen. Zunächst habe das Zusammenleben v. 1.10.1998 bis 30.11.1999 in der gemeinsamen Wohnung in der G.-S.-Straße 6b in I., v. 1.12.1999 bis 30.8.2000 in B.L., v. 1.9.2000 bis 31.10.2002 in der J.-S.-Straße in Erfurt und dem 1.11.2002 in der B.S. in E. stattgefunden. Ein Paar, das über einen langen Zeitraum zusammen lebe, praktiziere eine auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaft, zumal aus dieser zwischenzeitlich das zweite Kind hervorgegangen sei.

Der Kläger könne sich nicht formal auf die Angaben der Eltern, die diese im Zusammenhang mit dem BAföG-Verfahren gemacht hätten, zur Einkommensermittlung berufen. Dabei werde sich herausstellen, dass der Beklagte ab dem Jahre 2002 wesentlich geringere Einkünfte erzielt und dass er in der Zeit v. 16.12.2002 bis 1.2.2003 und dann ab dem 12.7.2003 Arbeitslosengeld bezogen habe.

Das AG hat dem Beklagten Prozesskostenhilfe verweigert, da eine Unterhaltsverpflichtung des Vaters der Kinder ggü. der sich in Ausbildung befindlichen Mutter nicht ersichtlich sei. Dieser bestehe nur für die Dauer von sechs Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt des jeweiligen Kindes sowie für den Fall, dass die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen könne, wovon vorliegend bei einer Ausbildung nicht auszugehen sei.

Hiergegen richtete sich die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde des Beklagten, die auch in der Sache Erfolg hat.

Die Rechtsverteidigung des Beklagten gegen den durch das klagende Land gem. den §§ 1610 Abs. 2 BGB, 37 BAföG geltend gemachten Betrag ist nicht von vorneherein ohne Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Der Beklagte schuldet seiner Tochter zwar grundsätzlich Unterhalt gem. § 1610 Abs. 2 BGB für den hier fraglichen Zeitraum, da seine Tochter bisher noch nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt. Diese Unterhaltsansprüche sind mit Schreiben v. 5.11.2001 wirksam gem. § 37 Abs. 1 BAföG übergeleitet worden, so dass das klagende Land die Unterhaltsansprüche nunmehr auch klageweise ggü. dem Beklagten geltend machen kann.

Der geltend gemachte Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nach den §§ 1601 ff., 1610 Abs. 2 BGB steht der Tochter gegen den Beklagten aber nur dann zu, wenn sie unterhaltsbedürftig i S des § 1602 Abs. 1 BGB ist. Sie ist dann nicht auf Unterhaltsleistungen angewiesen, wenn sie ihren Lebensbedarf durch Leistungen ihres Lebensgefährten abdeckt.

Davon ist vorliegend auszugehen. Der Beklagte hat im Einzelnen - auch unter Beweisantritt - vorgetragen, dass es sich bei dem Vater der zwei Kinder um den Lebensgefährten seiner Tochter handelt und dass dieser über ein anrechenbares Nettoeinkommen i.H.v. 3000 Euro verfügt. Das dahingehende Vorbringen des Bekl...

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