Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein zwischenzeitlich erledigtes erstinstanzliches Verfahren

 

Orientierungssatz

1. Wird Prozesskostenhilfe für ein zwischenzeitlich erledigtes erstinstanzliches Eilverfahren begehrt und wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde gegen die ablehnende PKH-Entscheidung des Sozialgerichts, so sind die Erfolgsaussichten grundsätzlich nach dem Sach- und Streitstand zur Zeit der Beschwerdeentscheidung zu beurteilen.

2. Ist das Verfahren, für das PKH begehrt wird, mit der Erklärung des Beschwerdeführers erledigt worden, so kann das Eilverfahren keine Aussicht auf Erfolg mehr haben. In einem solchen Fall darf PKH rückwirkend nur dann bewilligt werden, wenn das Erstgericht die Bewilligung durch nachlässige oder fehlerhafte Bearbeitung verzögert hat.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 29. August 2008 (Versagung von Prozesskostenhilfe) wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für ein zwischenzeitlich erledigtes erstinstanzliches Eilverfahren und wendet sich gegen die ablehnende PKH-Entscheidung des Sozialgerichts.

Die Beschwerdeführer erklärten ihren Eilantrag vom 4. Dezember 2007 auf vorläufige Gewährung von Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes, für dessen Durchführung sie Prozesskostenhilfe beantragt hatten, für erledigt (Schriftsatz vom 11. Dezember 2007) und beantragten, dem Beschwerdegegner die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Mit unanfechtbarem Beschluss vom 29. August 2008 entschied das Sozialgericht Nordhausen, dass die Beteiligten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben. Unter Bezug auf die darin gegebene Begründung lehnte das Sozialgericht mit Beschluss vom selben Tag den Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten ab. Nach der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses ist die Beschwerde zum Landessozialgericht eröffnet.

Mit der Beschwerde wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe.

Der Beschwerdegegner hat von einer Stellungnahme in der Sache abgesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nicht statthaft und damit unzulässig. Die anderslautende Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts führt nicht zur Zulässigkeit des Rechtsmittels.

Nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Eine solche andere Bestimmung trifft § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG. Danach ist die Beschwerde gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG ausgeschlossen. Diese Vorschrift ist erweiternd so auszulegen, dass der Beschwerdeausschluss auch für einen ablehnenden PKH-Beschluss gilt, der nach der (unanfechtbaren) Kostengrundentscheidung ergeht und dieser in der Begründung entspricht. Denn ein sachlich nachvollziehbarer Grund, der den Gesetzgeber veranlasst haben könnte, die Kostengrundentscheidung von der Überprüfung durch das Landessozialgericht auszunehmen, gegen die mit denselben Erwägungen begründete PKH-Entscheidung jedoch die Beschwerde zu eröffnen, ist nicht ersichtlich. Unter wirtschaftlichen Aspekten kann die Kostengrundentscheidung für den Betroffenen sogar bedeutsamer sein als die PKH-Entscheidung, denn die PKH-Bewilligung hat auf die Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss (§ 127 der Zivilprozessordnung - ZPO). Eine andere Beurteilung würde auch der mit der Änderung des § 172 SGG verbundenen Zielsetzung der Entlastung der Landessozialgerichte (vgl. BR-Drs. 820/07, S. 28) zuwiderlaufen. Auch der Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG spricht nicht gegen die hier vertretene Ansicht. Danach ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint hat. Darin ist jedoch keine abschließende Regelung für den Ausschluss von Beschwerden bei ablehnenden Prozesskostenhilfe-Entscheidungen zu sehen. Vielmehr stellt § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG klar, dass im sozialgerichtlichen Verfahren die Beschwerde zusätzlich zu den in § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO geregelten Fällen auch in den Fällen ausgeschlossen ist, in denen Prozesskostenhilfe ausschließlich wegen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen abgelehnt worden ist (ausführlich dazu LSG Niedersachsen-Bremen vom 15. Juli 2008, Az.: L 12 B 18/07 AL; LSG Baden-Württemberg vom 5. Dezember 2008, Az.: L 8 AS 4968/08, PKH-B, jeweils zitiert nach juris).

Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet. Die Beschwerdeführer haben keinen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge