Verfahrensgang

BSG (Beschluss vom 28.01.2004; Aktenzeichen B 4 RA 217/03 B)

Thüringer LSG (Urteil vom 18.08.2003; Aktenzeichen L 6 RA 61/02)

SG Altenburg (Urteil vom 29.11.2001)

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers vom 12. Februar 2004 auf Aussetzung der Vollstreckung der Verschuldenskosten im Urteil des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts vom 18. August 2003 – Az.: L 6 RA 61/02 wird abgelehnt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

Mit Urteil vom 18. August 2003 (Az.: L 6 RA 62/02) hat der 6. Senat des Thüringer Landessozialgerichts die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 29. November 2001 zurückgewiesen und ihn verurteilt, Gerichtskosten in Höhe von 225,00 € nach § 192 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) an die Staatskasse zu zahlen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 28. Januar 2004 (Az.: B 4 RA 217/03 B) als unzulässig verworfen.

Der Antragsteller hat Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (Az.: AR 6098/03) eingelegt. Er ist der Ansicht, das Urteil vom 18. August 2003 sei nicht rechtskräftig.

Er beantragt,

die Vollstreckung des Urteils vom 18. August 2003 hinsichtlich der Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 SGG auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

den Antrag abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Relevante Vorschrift ist im vorliegenden Fall § 8 Abs. 1 der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO), die in ihrer jeweiligen Fassung auch für den Freistaat Thüringen gilt (§ 2 des Thüringer Justizkostengesetzes).

Welcher Rechtsbehelf im Rahmen der Kostenerstattung statthaft ist, richtet sich nach der Art der Einwendung. Solche, die den beizutreibenden Anspruch selbst, die Haftung für den Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung betreffen, richten sich nach § 8 Abs. I JBeitrO. Wendet sich der Schuldner dagegen gegen die Art und Weise der Vollstreckung oder begehrt er einen besonderen Pfändungsschutz, geschieht dies im Wege der Vollstreckungserinnerung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrO i.V.m. § 766 der Zivilprozessordnung (ZPO). Beide Rechtsbehelfe schließen sich gegenseitig aus (vgl. Stöber in Zöller, Zivilprozessordnung, 23. Auflage 2002, Rdnr. 7).

Im vorliegenden Fall wendet sich der Antragsteller nicht gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung sondern begehrt die – vorläufige – Einstellung der Vollstreckung. Damit richtet sich die Einwendung gegen den beizutreibenden Anspruch selbst. Dieser Fall wird von § 8 Abs. 1 JBeitrO umfasst, der nicht eng auszulegen ist und nicht nur die klassischen Erlöschensgründe betrifft, sondern es ermöglichen soll, möglichst alle gegen den zu vollstreckenden Gerichtskostenanspruch vorgebrachten Einwendungen zu prüfen (vgl. Bundesfinanzhof ≪BFH≫ vom 25. Februar 2003 – Az.: VII K 1/03, nach juris).

Bei den Verschuldenskosten nach § 192 SGG handelt es sich um einen Anspruch, der nach Bundes- oder Landesrecht im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden kann (§ 1 Abs. 1 Nr. 10 JBeitrO). Es ist nach allgemeiner Meinung (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Auflage 2002, § 192 Rdnr. 1a m.w.N.) keine Strafvorschrift sondern eine Schadensersatzregelung, die nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG vollstreckt wird.

Zuständig für die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung ist der Vorsitzende des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts. Nach § 6 Abs. 2 JBeitrO tritt die Vollstreckungsbehörde an die Stelle des Gläubigers im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO. Das ist nach § 2 Buchst. b der Einforderungs- und Beitreibungsanordnung (EBAO) diejenige “Behörde”, die auf die Verpflichtung zur Zahlung des Geldbetrages anerkannt hat bzw., soweit es sich – wie hier – um eine kollegiale “Behörde” (i.e. Senat) handelt, deren Vorsitzender.

In der Sache hat der Antrag keinen Erfolg.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO darf die Vollstreckung erst beginnen, wenn der beizutreibende Anspruch fällig ist. Das ist hier der Fall, den durch die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 28. Januar 2004 ist das Urteil vom 18. August 2003 – entgegen der Ansicht des Antragstellers – rechtskräftig geworden. Die Erhebung der Verfassungsbeschwerde hindert den Eintritt der Rechtskraft des angegriffenen Urteils nicht; sie hat keinen Suspensiveffekt (vgl. BFH vom 27. Mai 1986 – Az.: VII E 4/86, nach juris). Insofern besteht keine Rechtsgrundlage für die begehrte Aussetzung der Vollstreckung.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

 

Unterschriften

Keller

 

Fundstellen

SGb 2004, 362

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