0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit Art. 1 des Pflege-Versicherungsgesetzes (PflegeVG) v. 26.5.1994 (BGBl. I S. 1014) mit Wirkung zum 1.1.1995 in Kraft getreten und seitdem nicht geändert worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Im Gesetzentwurf war die Vorschrift zunächst als § 51 vorgesehen. Die Regelung orientiert sich an denen für die Krankenversicherung: zu Abs. 1 vgl. § 220 Abs. 1 Satz 1 SGB V, zu Abs. 2 vgl. § 223 Abs. 1 und 2 SGB V, Abs. 3 enthält einen Verweis auf die Regelungen des 12. Kapitels des SGB V.

 

Rz. 3

Die Abs. 1 und 2 der Vorschrift wurden (ebenso wie die damals geltenden §§ 55 Abs. 1 und 2 und 57 SGB XI) vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) für nicht vereinbar erklärt, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden (Urteil v. 3.4.2001, 1 BvR 1629/94). Dies erfolgte vor dem Hintergrund, dass Mitglieder mit Kindern bereits einen generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit des umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems leisten. Der Gesetzgeber hat diesem Urteil mit Wirkung zum 1.1.2005 entsprochen und in § 55 SGB XI einen Beitragszuschlag für Kinderlose geregelt (weitere Einzelheiten vgl. Komm. dort). Eine formelle Änderung des § 54 ist nicht erfolgt.

2 Rechtspraxis

2.1 Aufbringung der Mittel (Abs. 1)

 

Rz. 4

Abs. 1 bestimmt, dass die Mittel für die soziale Pflegeversicherung durch Beiträge sowie sonstige Einnahmen gedeckt werden. Die zunächst vorgesehene Mitteldeckung auch durch einen Bundeszuschuss für die Investitionsförderung wurde noch im Gesetzgebungsverfahren gestrichen (vgl. BT-Drs. 12/ 5952 S 42 zu § 51 und S. 45 zu § 69) und zunächst durch einen Finanzierungsbeitrag der Länder ersetzt (vgl. BT-Drs. 12/5920 S. 50 zu § 51), was jedoch im Vermittlungsverfahren wieder gestrichen wurde (vgl. BT-Drs. 12/6424 S. 3 zu § 51).

Der Grundsatz der Mittelaufbringung der Sozialversicherung durch Beiträge der Mitglieder und der Arbeitgeber sowie sonstiger Einnahmen (vgl. § 20 SGB IV, § 1 Abs. 6 SGB XI) wird damit auch in der Pflegeversicherung umgesetzt. Es gilt das bewährte Umlageverfahren. Die Beiträge werden einkommensbezogen erhoben, es gibt keine Risikozuschläge (vgl. BT-Drs. 12/5262 S. 121 zu § 51). Den von den versicherten Personen geleisteten Beiträgen steht ein Leistungsanspruch gegenüber, unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme.

 

Rz. 5

Unter sonstigen Einnahmen sind insbesondere Kapitalerträge aus der Rücklage nach § 64 SGB XI, Bußgelder nach § 121 SGB XI, anteilige Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV und Einnahmen aus Schadenersatzansprüchen nach § 116 SGB X zu verstehen.

2.2 Beitragssatz und beitragspflichtige Einnahmen (Abs. 2)

 

Rz. 6

Nach Abs. 2 Satz 1 werden Beiträge nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze erhoben. Der Beitrag zur Pflegeversicherung setzt sich damit aus 3 Komponenten zusammen: Beitragssatz, beitragspflichtige Einnahmen und Beitragsbemessungsgrenze.

Die Höhe des Beitragssatzes ergibt sich aus § 55 Abs. 1 und 3 bis 3d. Welche Einnahmen beitragspflichtige Einnahmen sind und damit der Beitragspflicht unterliegen, bestimmt § 57. Die Einnahmen werden bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt, die in § 55 Abs. 2 geregelt ist und die der Krankenversicherung angeglichen ist, wobei in der Pflegeversicherung das Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht wie in der Krankenversicherung zur Versicherungsfreiheit führt (vgl. § 6 Abs. 1 SGB V). Von dem darüber hinausgehenden Betrag werden lediglich keine Beiträge erhoben. Sowohl die Versicherungspflicht als auch die Mitgliedschaft bleiben hiervon unberührt. Ausgenommen sind Versicherte, die sich nach Eintritt der Versicherungsfreiheit privat gegen das Risiko absichern; für sie besteht nach § 23 die Pflicht, sich ebenfalls privat gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit abzusichern (weitere Einzelheiten vgl. Komm. zu § 55 sowie § 57).

 

Rz. 7

Nach Abs. 2 Satz 2 sind die Beiträge für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit das SGB XI nichts Abweichendes bestimmt. Die Erhebung der Beiträge setzt also ein Mitgliedschaftsverhältnis voraus (vgl. Komm. zu § 49). Die Beiträge sind taggenau nach der Dauer der Mitgliedschaft im jeweiligen Monat zu berechnen. Beginnt oder endet die Mitgliedschaft im laufenden Monat oder besteht Beitragsfreiheit für einen Teil des Monats (vgl. § 56), ist nur für die Tage der Beitrag zu erheben, für die die beitragspflichtige Mitgliedschaft bestand.

2.3 Entsprechende Geltung des 12. Kapitels des SGB V (Abs. 3)

 

Rz. 8

Nach Abs. 3 gelten die Vorschriften des 12. Kapitels des SGB V entsprechend. Dieses Kapitel enthielt bis zum 19.10.2020 Überleitungsregelungen aus Anlass der Herstellung der Einheit Deutschlands. Seitdem sind diese im 14. Kapitel des SGB V geregelt, während das 12. Kapitel des SGB V zunächst Regelungen zum Inoperabilitätsverzeichnis und seit dem 9.6.2021 zur Förderung von offenen Standards und Schnittstellen sowie dem Gesundheitsportal enthält.

Mit Blick darauf, dass ausweislich der Gesetzesbegründung bei...

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