2.1 Zugriff auf Sozialdaten (Abs. 1)

2.1.1 Tatbestand

 

Rz. 8

Wer unbefugt Sozialdaten weitergibt (Nr. 1), verarbeitet (Nr. 2) oder darauf zugreift (Nr. 3) wird bestraft. Die betroffenen Daten sowie die Befugnis zum Zugriff darauf ergeben sich aus den in der Norm enthaltenen Verweisen. Aufgrund der hohen Sensibilität genomischer Daten werden Verstöße gegen das Verbot der Weitergabe der über den Träger der Dateninfrastruktur bereitgestellten Daten mit Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe strafbewehrt (Nr. 1). Gleiches gilt für eine Datenverarbeitung entgegen der im Gesetz vorgesehenen Nutzungszwecke (Nr. 2). Aus rechtstechnischen Gründen wird hierbei auf die bereits bestehende Bewehrung der Verarbeitungsverstöße in § 363 (Verarbeitung von Daten der elektronischen Patientenakte zu Forschungszwecken) Bezug genommen (Nr. 1 und 2). Ein weiterer Straftatbestand ist der unbefugte Zugriff auf Anwendungen der Telematikinfrastruktur (Nr. 3).

 

Rz. 9

Geschützt sind die in den verwiesenen Vorschriften genannten Sozialdaten. Dabei handelt es sich um Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Dazu gehören u. a. der Name, das Alter, die Staatsangehörigkeit, die familiären Verhältnisse, der Gesundheitszustand und medizinische Daten, der Beruf, besondere Kenntnisse und Fähigkeiten, die Einkommensverhältnisse und ein Foto des Versicherten.

 

Rz. 10

Strafbar ist der unbefugte Zugriff auf die geschützten Daten. Dabei verschafft sich der Täter Kenntnis von den Daten der elektronischen Gesundheitskarte oder mithilfe der Karte von den Datenbanken im System (O'Sullivan, in: jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 307b Rz. 30). Der Versicherte kann sich nicht strafbar machen, weil er selbst über seine Daten bestimmt und uneingeschränkt auf diese zugreifen kann (§ 336).

 

Rz. 11

Die Strafbarkeit setzt einen Vorsatz des Täters voraus (§ 15 StGB). Fahrlässiges Handeln wird durch die Norm nicht sanktioniert.

 

Rz. 12

Die informationelle Selbstbestimmung des Versicherten schließt ein, dass dieser seine Daten gegenüber Dritten preisgibt, ohne dass diese sich strafbar machen. Die Rechtfertigung der eigentlich strafbaren Handlung durch die Einwilligung des Versicherten setzt voraus, dass keine Ordnungswidrigkeit (§ 397 Abs. 1) vorliegt, weil der Zugriff unberechtigt vom Versicherten verlangt wurde.

 

Rz. 13

Strafbar ist nur der vollendete Zugriff auf Sozialdaten. Der Versuch ist nicht strafbar (§ 23 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 1, 2 StGB).

2.1.2 Strafmaß

 

Rz. 14

Der unbefugte Zugriff auf Sozialdaten wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft. Für die Strafbemessung gelten die Vorschriften der §§ 38ff. StGB. Zu berücksichtigen sind die Bedeutung bzw. Schwere der Tat, das Ausmaß der Schuld des Täters und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB).

2.2 Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht (Abs. 2)

 

Rz. 15

Eine verschärfte Strafe erhält der Täter, wenn er

  • gegen Entgelt oder
  • in der Absicht handelt, sich oder einen Anderen zu bereichern oder
  • in der Absicht handelt, einen Anderen zu schädigen.

In diesen Fällen ist die Strafe eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe.

2.3 Antragserfordernis (Abs. 3)

2.3.1 Strafantrag (Satz 1)

 

Rz. 16

Die Tat wird nur aufgrund eines Antrags verfolgt (Antragsdelikt). Dabei handelt es sich um den Strafantrag nach §§ 77 ff. StGB. Ohne einen wirksamen Antrag darf die Staatsanwaltschaft nicht tätig werden und die Tat verfolgen.

2.3.2 Antragsberechtigung (Satz 2)

 

Rz. 17

Der Antrag kann vom Betroffenen (Versicherter), dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz oder der zuständigen Aufsichtsbehörde der Krankenkasse gestellt werden. Die Krankenkasse ist nicht antragsbefugt.

2.3.3 Antragsfrist

 

Rz. 18

Der Antrag ist innerhalb von 3 Monaten zu stellen, nachdem der Antragsteller von der Tat und der Person des Täters erfahren hat (§ 77b Abs. 1, 2 StGB).

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