2.1 Freiwillige Vereinigung (Abs. 1)

 

Rz. 5

Die freiwillige Vereinigung von Ersatzkassen durch Beschlüsse der Verwaltungsräte ist von keinen sonstigen sachlichen Voraussetzungen abhängig. Es können sich daher nicht nur kleinere Ersatzkassen oder kleinere mit größeren vereinigen, sondern auch große Ersatzkassen könnten sich zu einer "marktbeherrschenden" Krankenkasse vereinigen. Insbesondere setzt eine Vereinigung nicht voraus, dass sich dadurch Vorteile oder eine Verbesserung der Versorgung oder Betreuung der Versicherten ergeben, oder insgesamt eine Verbesserung der Finanzausstattung eintritt, wie dies die Begründung (BT-Drs. 16/3100 S. 154) zur Änderung des § 144 Abs. 2 mit der Pflicht zur Vorlage eines Konzepts zur Organisations-, Personal- und Finanzstruktur der neuen Krankenkasse einschließlich der Zahl und der Verteilung ihrer Geschäftsstellen vorsieht (vgl. Komm. zu § 144), weil dies nicht als materiellrechtliche Voraussetzung der freiwilligen Vereinigung normiert ist.

 

Rz. 6

Die freiwillige Vereinigung kann beliebig viele Ersatzkassen umfassen. Auch die Vereinigung von Ersatzkassen mit unterschiedlichen Geschäftsbezirken ist möglich. Soweit nicht nach § 168 Abs. 3 eine Erweiterung des Geschäftsbereichs vor der Vereinigung erfolgt, hat die vereinigte Ersatzkasse den Geschäftsbezirk der bisherigen Ersatzkassen, wobei es allerdings der vereinigten (neuen) Ersatzkasse unbenommen bleibt, nach § 168 Abs. 3 zu verfahren.

 

Rz. 7

Vereinigen konnten und können sich auch ehemalige Arbeiter- und Angestelltenkrankenkassen. Art. 33 § 13 Abs. 2 GSG bestimmte als Übergangsregelung dazu, dass bei einer Vereinigung der aufnahmeberechtigte Personenkreis die Personen umfasst, die von den beteiligten Ersatzkassen am 31.12.1994 hätten aufgenommen werden dürfen. Nachdem diese Differenzierung zwischen Arbeiter- und Angestelltenersatzkassen durch die Unzulässigkeit von Aufnahmebeschränkungen (§ 168 Abs. 2 i. d. F. ab 1.1.1996) entfallen ist und allenfalls noch historische Bedeutung hat, kann und muss daher die neu entstehende Ersatzkasse alle Pflichtversicherten und Beitrittsberechtigten aufnehmen, wenn diese ihre Wahlrechte nach §§ 173 ff. ausüben (zu noch bestehenden Beschränkungen des Geschäftsbereichs vgl. Komm. zu § 168).

 

Rz. 7a

Unberührt von der Vereinigung von Ersatzkassen untereinander besteht seit dem 1.4.2007 nach § 171a auch die Möglichkeit der freiwilligen Vereinigung von Ersatzkassen mit Krankenkassen einer anderen Kassenart mit der Möglichkeit und Notwendigkeit, die Kassenart zu bestimmen (vgl. Komm. zu § 171a).

2.1.1 Beschlüsse der Verwaltungsräte

 

Rz. 8

Für die freiwillige Vereinigung sind übereinstimmende Beschlüsse der Verwaltungsräte der Ersatzkassen erforderlich, die sich vereinigen wollen. Das Gesetz verlangt für diese Beschlüsse keine qualifizierte Mehrheit, obwohl durch die Vereinigung letztlich die einzelnen Ersatzkassen ihre Eigenständigkeit verlieren, was einer Auflösung nahe kommt. Ausreichend ist daher die Mehrheit der abgegebenen Stimmen der stimmberechtigten Mitglieder der jeweiligen Verwaltungsräte gemäß § 64 SGB IV (so auch Baier, in: Krauskopf, SozKV, SGB V, § 160 Rz. 5, Stand: Mai 2009; Dalichau, SGB V, § 160 Anm. II. 1., Stand: Juli 2009; Koch, in: jurisPK-SGB V, § 186a Rz. 5, Stand: 25.6.2014).

 

Rz. 9

Wird bei der Abstimmung über die Vereinigung bei einer der beteiligten Krankenkassen im Verwaltungsrat keine Mehrheit für die Vereinigung gefunden, kann kein Vereinigungsverfahren durchgeführt werden. Ist die Vereinigung einmal beschlossen, kann dieser Beschluss wohl nicht zurückgenommen oder widerrufen werden, wenn dieser von der oder den Aufsichtsbehörden genehmigt ist.

2.1.2 Genehmigung der Beschlüsse

 

Rz. 10

Wie bei der freiwilligen Vereinigung von Ortskrankenkassen bedürfen auch die Vereinigungsbeschlüsse der an der geplanten Vereinigung beteiligten Verwaltungsräte der Ersatzkassen der Genehmigung durch die jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden vor der Vereinigung. Da sich die Aufsichtsbefugnis auf eine reine Rechtsaufsicht beschränkt, darf die Genehmigung nur dann versagt werden, wenn im Abstimmungsverfahren Rechtsfehler unterlaufen sind. Eine Versagung der Genehmigung aus Zweckmäßigkeitsgründen ist nicht vorgesehen und wird auch nicht durch die Pflicht zur Vorlage eines Konzepts zur Organisations-, Personal- und Finanzstruktur der neuen Krankenkasse einschließlich der Zahl und der Verteilung ihrer Geschäftsstellen begründet (so auch Hänlein, in: LPK-SGB V, 3. Aufl., § 144 Rz. 7; a. A. Dalichau, SGB V, § 186a Anm. II. 1., Stand: Juli 2009). Zu den vor der Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörden vgl. die Komm. zu § 144.

 

Rz. 11

Die vorliegenden bestandskräftigen Genehmigungen der Beschlüsse durch die Aufsichtsbehörde(n) enthebt die für das Vereinigungsverfahren zuständige Aufsichtsbehörde von der Prüfungspflicht über die Rechtmäßigkeit des Zustandekommens dieser Beschlüsse und dürfte damit Tatbestandswirkung für das folgende Vereinigungsverfahren haben. Das gilt auch dann, wenn die Genehmigungsbehörde für die bundesweit tätigen Ersatzkassen mit dem BVA für beide Entscheidungen zuständig ist.

 

Rz. 11a

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