Rz. 5a

Kassenspezifische Selektivverträge sind als Ergänzung zu den Bundesvereinbarungen über Erstattungsbeträge nach § 130b ausgestaltet. Für die Anwendung des § 130b kommen auf der Grundlage der zuvor durchgeführten frühen Nutzenbewertung 3 Konstellationen in Betracht:

  • alle erstattungsfähigen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, bei denen Zusatznutzen belegt werden konnten,
  • alle erstattungsfähigen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die keinen Zusatznutzen belegen konnten und keiner Festbetragsgruppe zugeordnet werden können,
  • alle erstattungsfähigen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen in neuen Anwendungsgebieten.

Auch Arzneimittel im Bestandsmarkt, d. h., die vor 2011 in den Verkehr gebracht worden sind, können zu neuen Erstattungspreisen führen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Nutzenbewertung beschließt, im Ergebnis ein Zusatznutzen belegt oder trotz fehlenden Zusatznutzens eine Zuordnung zu einer Festbetragsgruppe nicht möglich ist. Für alle anderen Arzneimittel, die keiner dieser 3 Konstellationen zugeordnet werden können, entfällt die Verpflichtung, den Erstattungsbetrag nach § 130b zu vereinbaren und damit die Möglichkeit, ergänzend dazu kassenspezifische Selektivverträge nach § 130c zu schließen.

Der Abschluss von Vereinbarungen nach § 130c bleibt also auf bestimmte neue und innovative Arzneimittel beschränkt.

Nach Abs. 1 Satz 6 gilt für Selektivverträge nach Satz 1 die Vorschrift des § 130a Abs. 8 entsprechend, was sich insbesondere auf die Verfahrensweise bei der Realisierung bzw. Durchführung des Selektivvertrages bezieht. Dies bedeutet z. B., dass die Pflicht des pharmazeutischen Unternehmers zur Gewährleistung der Lieferfähigkeit für das vereinbarte Arzneimittel frühestens 6 Monate nach Versendung der Information nach § 134 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und frühestens 3 Monate nach Zuschlagserteilung beginnt. Danach haben öffentliche Auftraggeber – wie hier Krankenkassen oder ihre Verbände – die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

Die Lieferfähigkeit stellt sicher, dass die Versicherten der Krankenkasse, die auf das Arzneimittel angewiesen sind, in ausreichendem Maße mit dem Arzneimittel versorgt werden können und insbesondere keine Lieferengpässe entstehen. Der pharmazeutische Bieter, dessen Angebot berücksichtigt werden soll, ist zeitgleich zur Information nach § 134 Abs. 1 GWB über die geplante Annahme des Angebots zu informieren.

Nach § 130a Abs. 8 Satz 5 sind die Rabatte von den pharmazeutischen Unternehmern an die Krankenkasse zu vergüten, was somit auch für die Rabatte nach der Vorschrift gilt. Auch die Laufzeit der Rabattverträge, die nach § 130a Satz 9 i. d. R. 2 Jahre beträgt, ist z. B. auf Selektivverträge zu übertragen.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass der Abschluss von Vereinbarungen nach der Vorschrift von sehr viel mehr Faktoren abhängt, als dies z. B. für die Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 der Fall ist. Im Ergebnis dürfte sich wegen einer erkennbaren Überregulierung der Vorschrift eher eine zurückhaltende Vertragspraxis bei den Selektivverträgen entwickeln, was mit ein Grund dafür sein könnte, dass bisher noch kein Selektivvertrag nach § 130c im Internet veröffentlicht ist.

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