Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Vergütung der Leistungen häuslicher Krankenpflege. Vergütungsvereinbarung durch Schiedsspruch. Unbilligkeit eines Schiedsspruchs

 

Orientierungssatz

1. Bei der Festlegung der Anhebung einer Vergütung für Leistungen häuslicher Krankenpflege in einem Schiedsspruch ist von einer Billigkeit der Vergütungsfestsetzung auszugehen, wenn die Anhebung der Vergütung auf der Basis der Grundlohnsummensteigerungsrate, bezogen auf ein konkretes Bezugsjahr, ermittelt wird.

2. Ein Schiedsspruch über die Vergütungssätze für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege ist nicht deshalb unbillig, weil er im festgestellten Betrag den von einer der beteiligten Parteien vorgebrachten Vorschlag nicht überschreitet.

3. Ein Schiedsspruch über die Vergütungssätze für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege ist dann nicht unbillig, wenn die festgesetzte Vergütung insoweit nicht mehr leistungsgerecht ist, dass den Leistungserbringern eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und den Qualitätsanforderungen entsprechende Erbringung der Leistung möglich ist. Dabei darf sich die Schiedsperson bei der Beurteilung der Höhe für eine leistungsgerechte Vergütung auf die im Verfahren vorgebrachten Angaben der Beteiligten beziehen und ist nicht zur eigenen Erhebung weiterer Daten und Informationen verpflichtet.

4. Eine Schiedsperson ist auch nicht aufgrund des grundgesetzlichen Gebots der Gleichbehandlung bei der Feststellung der Höhe einer Leistungsvergütung an Schiedssprüche aus einem anderen Verfahren gebunden.

5. Einzelfall zur Beurteilung der Billigkeit einer Vergütungsfestsetzung für Leistungen häuslicher Krankenpflege im Rahmen eines Schiedsspruchs (hier: bejaht für eine Vergütungsanhebung auf der Grundlage der Grundlohnsummensteigerungsrate zu einem konkreten Bezugsjahr).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.06.2016; Aktenzeichen B 3 KR 26/15 R)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

3. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten sind die Regelungen eines Schiedsspruchs zur Anhebung der Vergütung der Leistungen häuslicher Krankenpflege nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) betreffend das Leistungserbringungsjahr 2010 streitig.

Die Kläger zu 1. bis 4. sind Verbände ambulanter Pflegedienste in privater Trägerschaft. Die Beklagten zu 1. bis 5. sind in Hessen tätige Verbände der gesetzlichen Krankenkassen. Der Beklagte zu 6. tritt als Prozessstandschafter für die in ihm organisierten, entsprechend der Klageschrift ursprünglich als Beklagte zu 6. bis 11. geführten Ersatzkassen auf. Gleichzeitig ist er Prozessbevollmächtigter der Beklagten zu 1. bis 5.

Die den Klägern angeschlossenen Pflegedienste erbringen in Hessen Leistungen der häuslichen Krankenpflege. In der Vergangenheit erhielten sie hierfür Vergütungen, die denjenigen Vergütungen entsprachen, die von den in der Liga der freien Wohlfahrtspflege (LIGA) organisierten Leistungserbringern mit den Kassen ausgehandelt worden waren. Nachdem der zwischen diesen und den Kassen im Jahr 1996 geschlossene Rahmenvertrag über die häusliche Krankenpflege in Hessen (Rahmenvertrag LIGA 1996) zum 31.12.2001 gekündigt wurde, kam es über Jahre für die Mitglieder der LIGA wie für die den Klägern angeschlossenen Pflegedienste zu keiner allgemeinen Vergütungssteigerung mehr. Erst zum 01.01.2005 schlossen die Verbände der LIGA mit den Kassen einen neuen Rahmenvertrag (Rahmenvertrag LIGA 2005), der allerdings keine Einigung über die für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege zu entrichtende Vergütung enthielt. In der Folge kam es darum zu mehreren Schiedsverfahren nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V, die jeweils in Schiedssprüchen der dort berufenen Schiedsperson mündeten. Diese hob die Vergütung der dem Rahmenvertrag LIGA 2005 beigetretenen Leistungserbringer für alle Leistungen der häuslichen Krankenpflege einschließlich der Hausbesuchspauschale zum 01.07.2007 gegenüber der bis dahin geltenden Vergütung um 5,98 %, zum 01.01.2009 um weitere 3,9 %, zum 01.01.2010 um weitere 2,0 %, zum 01.01.2011 um weitere 1,2 % und zum 01.01.2012 bzw. (die Hausbesuchspauschale) zum 01.03.2012 um weitere 2,9 % an. Der Schiedsspruch betreffend die Jahre 2007 und 2008 wurde letztinstanzlich durch das Bundessozialgericht bestätigt (Urteil vom 25.11.2010, B 3 KR 1/10 R; vorgehend Hessisches LSG, Urteil vom 26.11.2009, L 8 KR 325/07; SG Wiesbaden, Urteil vom 18.09.2007, S 2 KR 170/07). Der Schiedsspruch betreffend das Jahr 2009 war Gegenstand des vor dem Sozialgericht Wiesbaden geführten Verfahrens S 17 KR 310/10 (Urteil vom 15.03.2013; nicht rechtskräftig). Die die nachfolgenden Schiedssprüche betreffenden Verfahren wurden in Hinblick auf dieses Verfahren ruhend gestellt.

Zwischen den Klägern und den Beklagten zu 1. bis 5. sowie den durch den Beklagten zu 6. vertretenen Ersatzkassen (im Weiteren vereinfachend: die Beklagten) kam es demgegenüber erst am 01.05.2006 zum Abschluss...

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