Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Abweisung der Klage als unzulässig bei fehlendem Vorverfahren. keine Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Anfechtungs- und Leistungsklage ist als unzulässig abzuweisen, wenn das erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden ist. Die Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheides ist auch aus Gründen der Prozessökonomie nicht geboten.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Die 1970 geborene Klägerin ist dauerhaft voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Ihre Tochter J. lebt beim geschiedenen Ehemann der Klägerin in H., ihr Sohn K. wurde nach der Geburt von Dritten an Kindes statt angenommen, ihr Sohn P. ist in einer Pflegefamilie untergebracht. Seit Februar 2007 steht sie bei der Beklagten im Leistungsbezug nach dem vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der monatliche Regelsatz wurde ihr in mehreren Raten ausgezahlt. Die Kosten für die Hotels in S., in denen die Klägerin jedenfalls seit Februar 2010 wieder wohnt, wurden von der Beklagten direkt an den Hotelbetreiber überwiesen.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 7.6.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 9.6.2010 in der Fassung des Bescheides vom 15.9.2010 Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1.7.2010 bis 30.6.2011 in Höhe von monatlich insgesamt 1.039,90 Euro. Dabei wurde geregelt, dass die Auszahlung des monatlichen Regelsatzes von 359 Euro in zwei Teilbeträgen von 259 Euro zum 1. des Monats und weiterer 100 Euro zum 15. des Monats durch Überweisung auf das Girokonto der Klägerin bei der P.-Bank erfolgt. Außerdem wurde festgelegt, dass die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 138,40 Euro direkt an den Versicherer und die tatsächlichen Kosten der Unterkunft im Hotel in Höhe von 542,50 Euro direkt an den Hotelbetreiber gezahlt werden. Die Klägerin wurde sowohl mit Bescheid vom 9.6.2010 als auch mit Bescheid vom 15.9.2010 über ihr Recht belehrt, hiergegen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe bei der Landeshauptstadt S. mit Sitz in S. schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch einlegen zu können. Davon machte die Klägerin keinen Gebrauch.

Mit Schreiben vom 6.10.2010 bat die Klägerin die Beklagte, “die Gesamtsumme [von] 364 Euro auf einmal in einem Monat auf mein Konto zu überweisen … [und] nicht mehr auf zwei Raten.„ Mit undatiertem, am 8.10.2010 befördertem Schreiben, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass für die Gewährung eines um fünf Euro auf 364 Euro erhöhten Regelsatzes keine Rechtsgrundlage bestehe.

Am 30.3.2011 hat die Klägerin vor dem erkennenden Gericht Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, der mit Beschluss vom 15.4.2011 abgelehnt worden ist (Az.: S 20 SO 1923/11 ER). Sie beantragt die Gewährung höherer Leistungen, behauptet, alleinerziehend zu sein, und meint, dass deshalb ein Mehrbedarf anzuerkennen sei. Außerdem behauptet sie, Leistungen lediglich in Höhe von 259 Euro erhalten zu haben. Diese reichten nicht aus, um die im März und April anfallenden Ausgaben von 298 Euro zu decken. Insbesondere könne sie nicht zum Frauenarzt gehen, da sie dort noch 15 Euro bezahlen müsse. Des weiteren seien ihre Leistungen entgegen der Ankündigung der Beklagten nicht erhöht worden.

Mit Änderungsbescheid vom 4.4.2011 hat die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1.1.2011 bis 30.4.2011 eine Nachzahlung von insgesamt 20 Euro und für die Zeit vom 1.5.2011 bis 30.6.2011 monatliche Leistungen in Höhe von 502,40 Euro bewilligt. Der dabei zugrundegelegte Regelbedarf von 364 Euro wird in zwei Raten zum 1. (264 Euro) und zum 15. des Monats (100 Euro) auf das Konto der Klägerin überwiesen, die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 138,40 Euro werden weiterhin direkt an den Träger der Versicherung geleistet.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

den am 8.10.2010 beförderten Bescheid aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 9.6.2010 in der Fassung der Bescheide vom 15.9.2010 und 4.4.2011 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Mit Schreiben vom 14.4.2011 sind die Beteiligten über die Absicht des Gerichts, den Rechtsstreit nach Ablauf des 6.5.2011 durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, in Kenntnis gesetzt worden. Sie haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die für die Klägerin geführte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

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