Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. keine Kürzung aufgrund freier Verpflegung während stationären Klinikaufenthaltes. keine Einkommensberücksichtigung. keine Ermächtigungskonformität des § 2 Abs 5 AlgIIV 2008

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die freie Verpflegung während eines stationären Klinikaufenthaltes berechtigt nicht zur Kürzung der Regelleistung nach § 20 SGB 2. Sie stellt auch kein zu berücksichtigendes Einkommen iS von § 11 Abs 1 SGB 2 dar.

2. § 2 Abs 5 der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen AlgIIV 2008 ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs 1 Nr 1 SGB 2 gedeckt.

 

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 31. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 28. November 2007 wird abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger im Zeitraum 15. Oktober 2007 bis 17. Februar 2008 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 126,96 EUR monatlich zu gewähren.

3. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Kürzung der ihm gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) während eines vollstationären Klinikaufenthaltes.

Der 1983 geborene Kläger hält sich seit dem 15. Oktober 2007 in der Fachklinik G. auf. Die H.I. bewilligte ihm die stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für voraussichtlich 22 Wochen.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 31. Oktober 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum 15. Oktober 2007 bis 17. Februar 2008. Dabei berücksichtigte der Beklagte die freie Verpflegung als Einkommen mit einem Betrag von 126,96 EUR monatlich. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2007 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 06. Dezember 2007 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass eine Kürzung der Regelleistung unzulässig sei. Zudem handele es sich bei der freien Verpflegung nicht um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II, da es an einem Marktwert fehle.

Der Kläger beantragt schriftlich sinngemäß,

1. den Bescheid des Beklagten vom 31. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 28. November 2007 abzuändern,

2. den Beklagten zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 15. Oktober 2007 bis 17. Februar 2008 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 126,96 EUR monatlich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt schriftlich,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest. Für seine Ansicht spreche die Änderung der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-V) zum 01. Januar 2008. Der Verordnungsgeber habe mit § 2 Abs. 5 ALG II-V n.F. klargestellt, wie freie Verpflegung zu berücksichtigen sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend verwiesen. Sie sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte diesen Rechtsstreit gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis erteilt haben.

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 31. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 28. November 2007 ist insoweit rechtswidrig und beschwert den Kläger, als die freie Verpflegung während des vollstationären Aufenthaltes anspruchsmindernd berücksichtigt wird. Der Kläger hat Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ohne Berücksichtigung der ihm in der Fachklinik G. bereitgestellten Vollverpflegung. Diese mindert weder seinen Bedarf noch stellt sie ein nach § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen dar.

Der Kläger ist leistungsberechtigt nach § 7 SGB II. Der 24-jährige Kläger ist erwerbsfähig und hilfebedürftig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Er ist voraussichtlich für weniger als sechs Monate in der Fachklinik G. untergebracht, da die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zunächst nur für 22 Wochen bewilligt wurden (§ 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II; zur Einbeziehung von Rehabilitationseinrichtungen vgl. Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 7 Rn. 80).

Der Kläger hat als allein stehender Hilfebedürftiger einen Anspruch auf eine Regelleistung in Höhe von monatlich 347 EUR (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Bei der bereitgestellten Vollverpflegung handelt es sich um einen von der Regelleistung nach dem SGB II umfassten Bedarf. Diese für den Kläger nicht mit Kosten verbundene Bedarfsdeckung kann nach der geltenden Rechtslage nicht anspruchsmindern...

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