Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Taschengeld aus Bundesfreiwilligendienst. Zusammentreffen mit Erwerbseinkommen. Absetzung von Freibeträgen. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Beim Zusammentreffen von Einkünften aus Erwerbstätigkeit und Bundesfreiwilligendienst sind jeweils gesonderte Freibeträge auf die beiden verschiedenen Einkunftsarten zu gewähren.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 14. März 2012 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 15. Februar 2013 verurteilt den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum 01.11.2011 bis zum 30.04.2012 unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 175,00 Euro auf Einkünfte aus Bundesfreiwilligendienst zu gewähren und nachzuzahlen.

Die Berufung wird zugelassen.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.

 

Tatbestand

Streitig ist die Absetzung von Freibeträgen auf Einkünfte und damit verbunden die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum November 2011 bis einschließlich April 2012.

Die Kläger standen im obengenannten Zeitraum im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II beim Beklagten. Mit Bescheid vom 14. März 2012 änderte der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Kläger im Zeitraum November 2011 bis einschließlich April 2012. Die Bewilligung erfolgte vorläufig. Der Kläger zu 1. erhielt in diesem Zeitraum Einkommen aus Aufwandsentschädigung des Bundesfreiwilligendienstes (ab Februar 2012) sowie zusätzlich Einnahmen aus abhängiger Beschäftigung in einem Gastronomiebetrieb. Beide Einkunftsarten wurden vom Beklagten als Einkünfte aus Erwerbstätigkeit geführt. Es wurden ein Grundfreibetrag von 100,00 Euro sowie die weiteren Prozentualen Erwerbstätigenfreibeträge abgesetzt.

Hiergegen haben die Kläger am 13. April 2012 Widerspruch erhoben. Die Einkünfte aus Bundesfreiwilligendienst seien nicht anrechenbar. Es handele sich um Zweckbestimmte Einnahmen. Zumindest sei der erhöhte Grundfreibetrag von 175,00 Euro anzusetzen.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2013 zurück. Aufgrund der Vorschriften der Arbeitslosengeld II/ Sozialgeldverordnung (ALG II-V) ist der erhöhte Absetzbetrag bei Einkünften aus Bundesfreiwilligendienst dann nicht zu berücksichtigen, wenn gleichzeitig eine Erwerbstätigkeit vorliegt.

Hiergegen haben die Kläger mit Schriftsatz vom 19. März 2013, beim Sozialgericht Osnabrück am 19. März 2013 eingegangen Klage erhoben. Bei den Einkünften aus Bundesfreiwilligendienst handele es sich um zweckbestimmte Einnahmen. Zumindest sei der erhöhte Grundfreibetrag zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 18. Mai 2015 setzte der Beklagte die Leistungen im Zeitraum November 2011 bis einschließlich April 2012 für die Kläger endgültig fest.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 14. März 2012 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2013 zu verpflichten, den Klägern Leistungen nach Maßgabe des SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf die Begründung des Widerspruchsbescheides.

Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten lagen dem Gericht bei der Entscheidung vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihre Zustimmung hierzu erklärt haben.

Die gem. § 54 Abs. 1 und 4 SGG zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten.

Die Kläger haben Anspruch auf Berücksichtigung eines höheren Freibetrages auf das Einkommen aus Bundesfreiwilligendienst des Klägers zu 1. im Zeitraum Februar bis einschließlich April 2012 und damit auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 14. März 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2013 in der Fassung der endgültigen Festsetzung vom 18. Mai 2015. Soweit der endgültige Bescheid vom 18. Mai 2015 nicht im Tenor erwähnt wird, handelt es sich insoweit um ein Versehen. Der Beklagte hat auch in diesem Bescheid keinen besonderen Freibetrag aus Einkünften aus Bundesfreiwilligendienst berücksichtigt. Die gerichtliche Entscheidung betraf jedoch gerade dies.

Der Beklagte hat die Bedarfe der Kläger in den Monaten November 2011 bis einschließlich April 2012 korrekt im Bescheid vom 18. Mai 2015 berücksichtigt. Insoweit nimmt die Kammer nach eigener Prüfung Bezug auf diese Entscheidung.

Sowohl die Einkünfte aus Bundesfreiwilligendienst als auch die Einkünfte aus Erwerbstätigkeit...

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