Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Kostenerstattung zwischen Sozialhilfeträgern. Kostenerstattung bei Unterbringung in einer anderen Familie. nicht bei freiwilligem Unterkommen bei einem anderen Familienmitglied außerhalb des Elternhauses ohne Beteiligung einer Behörde. sozialgerichtliches Verfahren. Gerichtskostenfreiheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das freiwillige Unterkommen eines Jugendlichen außerhalb seines Elternhauses bei einem anderen Familienangehörigen ohne Beteiligung einer Behörde stellt keine Unterbringung iS von § 107 SGB 12 dar.

2. Aus § 64 Abs 3 S 2 SGB 10 iVm § 197a SGG ergibt sich, dass in einem Erstattungsstreit, an dem ausschließlich Sozialhilfeträger beteiligt sind, Gerichtskosten nicht erhoben werden.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Verfahrenskosten.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Erstattung der von der Klägerin getragenen Sozialhilfeaufwendungen für S.M. in der Zeit vom 28.3.2007 bis zum 4.12.2010.

S.M. (geboren am 5.12.1995 - heute somit 17 Jahre alt) wurde am 4.5.2006 von ihrer Mutter auf dem Polizeiposten in ... (Zuständigkeitsbezirk des Beigeladenen) vermisst gemeldet: S.M. sei seit dem 20.4.2006 nicht mehr nach Hause zurückgekehrt. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, dass sich S.M. in der Folge “innerhalb der Sinti-Gemeinschaft„ an wechselnden Orten im Bundesgebiet aufgehalten haben soll. Seit dem 1.1.2007 befand sich S.M. im Zuständigkeitsbezirk der Klägerin in dem Haushalt ihres Halbbruders ... .

II.

Mit Bescheid vom 10.11.2010 bewilligte die Klägerin S.M. Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) für die Zeit vom 16.8.2010 bis zum 4.12.2010.

Sodann meldete die Klägerin bei dem Beigeladenen mit Schreiben vom 17.11.2010 “Kostenerstattung gemäß § 107 SGB XII„ an.

Hierzu teilte der Beigeladene mit Schreiben vom 25.3.2011 mit, die Anmeldung des Erstattungsanspruches sei zuständigkeitshalber an das Jobcenter ... weitergegeben worden. Hierauf entgegnete die Klägerin am 31.3.2011, der Zeitraum, für den Kostenerstattung begehrt werde, betreffe die Zeit vor dem 15. Lebensjahr von S.M., so dass die Zuständigkeit des Beigeladenen gegeben sei.

Mit Bescheid vom 26.7.2011 gewährte die Klägerin S.M. rückwirkend Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII für die Zeit seit dem 28.3.2007. Hintergrund war, dass ... seine Halbschwester (S.M.) seinerzeit bei einer Antragstellung auf dem Job-Center ... mitangegeben hatte und das Job-Center ohne hierüber sachlich zu entscheiden von einer Weiterleitung der Angelegenheit an die Klägerin abgesehen hatte. Deshalb nahm die Klägerin zugunsten von S.M. die Voraussetzungen eines “sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs„ an.

Mit Schreiben vom 26.7.2011 erinnerte die Klägerin den Beigeladenen an den angemeldeten Erstattungsanspruch und wies ergänzend darauf hin, dass mittlerweile auch für die Zeit ab dem 28.3.2007 rückwirkend Hilfe zum Lebensunterhalt erbracht worden sei. Auch insoweit werde Erstattung begehrt.

Mit Schreiben vom 13.9.2011 wies der Beigeladene die geltend gemachte Erstattungsforderung zurück: Denn S.M. halte sich bereits seit dem 1.1.2007 im Zuständigkeitsbezirk der Klägerin auf. Eine Zuständigkeit des Beigeladenen wäre nur dann gegeben, wenn S.M. innerhalb eines Monats “nach ihrem Verziehen„ Sozialhilfe erhalten hätte. Dies sei nicht der Fall. Dies konkretisierte der Beigeladene mit Schreiben vom 11.11.2011 dahin, “bei Unterbringung eines Kindes in einer anderen Familie„ bleibe zwar der Sozialhilfeträger zuständig, in dessen Bezirk das Kind “seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme ... oder in den zwei Monaten davor gehabt„ habe. Vorliegend müsse aber beachtet werden, dass sich S.M. nach den Angaben der Mutter bei der Polizei schon seit dem 20.4.2006 nicht mehr im Bezirk des Beigeladenen aufgehalten habe. Die Polizei habe aufgrund der Vermisstenanzeige vom 4.5.2006 eine landesweite Fahndung, die schließlich sogar auf das ganze Bundesgebiet und auch auf den “Schengen-Raum„ ausgeweitet worden sei, veranlasst. Den polizeilichen Unterlagen könne entnommen werden, dass S.M. “aufgrund familiärer Auseinandersetzungen ... mit einer Sinti-Gruppierung ihren Aufenthalt ständig wechselte, um nicht zur Mutter zurückgebracht zu werden„. Erst im Februar 2007 sei schließlich ermittelt worden, dass sich S.M. “seit wenigstens 1.1.2007 bei ihrem Onkel und dessen Lebensgefährtin„ im Zuständigkeitsbezirk der Klägerin aufhielt.

III.

Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 30.11.2011 wegen der Erstattungsforderung an den Beklagten: Vorsorglich werde ein Erstattungsanspruch nach §§ 106, 107 SGB XII angemeldet. Denn der Beigeladene habe die dort geltend gemachte Erstattungsforderung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sich S.M. seit April 2006 nicht mehr im dortigen Zuständigkeitsbereich aufgehalten habe. Die Aussage, dass sich S.M. sodann bei verschiedenen Verwandten innerhalb des Bundesgebietes aufgehalten habe, habe bislang “noch nic...

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