Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Ermittlung der Belastungsgrenze. Berücksichtigung von Kinderfreibetrag und Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf

 

Orientierungssatz

Bei der Feststellung des Freibetrages gemäß § 62 Abs 2 S 3 SGB 5 ist nicht nur der Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag), sondern auch der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes zu berücksichtigen. Dieser Auslegung des § 62 Abs 2 S 3 SGB 5 stehen auch nicht die Ausführungen in der Gesetzesbegründung entgegen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.05.2007; Aktenzeichen B 10 KR 1/06 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Zuzahlungsbelastungsgrenze des Klägers gemäß § 62 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) für das Jahr 2004.

Der ... 1948 geborene Kläger ist landwirtschaftlicher Unternehmer und bei der Beklagten versichert. Er ist mit der ... 1956 geborenen A G verheiratet. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die ... 1991 geborene S und die ... 1992 geborene V.

Der Kläger und seine Ehefrau hatten ausweislich des letzten Einkommenssteuerbescheides des zuständigen Finanzamtes im Jahre 2002 ein Bruttoeinkommen in Höhe von insgesamt 23.790,00 €. Die Eheleute werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Bei der Ehefrau des Klägers bestehen Gesundheitsstörungen in Form eines Diabetes mellitus, einer koronaren Herzerkrankung sowie eines Zustandes nach Herzinfarkt.

Am 19.04.2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung der Zuzahlungsbelastungsgrenze nach § 62 SGB V. Er reichte u. a. eine Bescheinigung der Internisten Dres. T und O (19.03.2004) ein. Darin bestätigten die Ärzte, dass die Ehefrau des Klägers seit Januar 2003 wegen derselben Krankheit in Dauerbehandlung und eine kontinuierliche medizinische Versorgung erforderlich sei.

Mit Bescheid vom 27.05.2004 stellte die Beklagte die Belastungsgrenze nach § 62 SGB V für das Jahr 2004 in Höhe von 194,43 € fest. Nachdem der Kläger darauf hingewiesen hat, dass bei der Berechnung dieses Betrages seine Kinder nicht berücksichtigt worden waren, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 04.06.2004 die Belastungsgrenze neu fest. Unter Zugrundelegung von jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt in Höhe von 23.790,00 €, einem Freibetrag für die Ehefrau in Höhe von 4.347,00 € sowie Freibeträgen für die beiden Kinder von je 3.648,00 € errechnete sie einen zu berücksichtigenden Betrag in Höhe von 12.147,00 €. Die Zuzahlungsbelastungsgrenze in Höhe von 1 v. H. der Bruttoeinnahmen stellte sie 121,47 € fest.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch, zu dessen Begründung er insbesondere geltend machte: Die Beklagte habe bei der Feststellung der Belastungsgrenze für Zuzahlungen für jedes Kind einen Freibetrag von 5.808,00 € zu berücksichtigen. Neben dem Kinderfreibetrag in Höhe von 1.824,00 € seien auch der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf in Höhe von 1.080,00 € anzurechnen. Nach Verdoppelung dieser Beträge gemäß § 32 Abs. 6 Satz 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) ergebe sich ein Freibetrag für jedes Kind in Höhe von 5.808,00 €.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 06.12.2004 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Nach § 62 Abs. 2 Satz 3 SGB V sei allein der Kinderfreibetrag im Sinne des § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG zu berücksichtigen. Zwar gehe allein aus dem Wortlaut des § 62 Abs. 2 Satz 3 SGB V nicht eindeutig hervor, ob der Gesetzgeber lediglich den Kinderfreibetrag, den weiteren Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf des Kindes oder die Summe beider Beträge bei der Berechnung der Belastungsgrenze habe berücksichtigen wollen. Die im Gesetz gewählte Formulierung lasse auch die Auslegung zu, dass nicht beide in § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG genannten Beträge, sondern nur ein sich aus dieser Vorschrift ergebender Betrag gemeint sei. Dem Wille des Gesetzgebers entspreche es, lediglich den (doppelten) Kinderfreibetrag in Höhe von 3.648,00 € anzurechnen. Die gesetzgeberische Absicht ergebe sich eindeutig aus der Gesetzesbegründung.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit dem am 27.12.2004 beim Sozialgericht Lübeck eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 3 SGB V sei nicht nur der Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes in Höhe von 1.824,00 €, sondern auch der in § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG vorgesehene Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes in Höhe von 1.080,00 € zu berücksichtigen. Diese Auslegung ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetz. Nach Verdoppelung der Summe der genannten Beträge ergebe sich für jedes Kind ein Freibetrag in Höhe von 5.808,00 €. Für das Jahr 2004 seien mithin Bruttoeinnahmen in Höhe von 7.827,00 € zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 04.06.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06...

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