Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bedarfsgemeinschaft. eheähnliche Gemeinschaft. Feststellung. Merkmale. Indizien. Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft. Vermutungswirkung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Feststellung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft erfordert das Vorliegen bestimmter Merkmale und Indizien. Hierbei reicht es aus, wenn im Einzelfall genügend Anhaltspunkte vorhanden und festgestellt sind, die trotz des Fehlens anderer Merkmale den Schluss auf das Bestehen einer ehetypischen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft rechtfertigen.

 

Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.01.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch monatlich einen Betrag von 240,00 € zu zahlen.

II. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin deren außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin (Ast) begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab 01.09.2006.

Die im Jahre .... geborene Ast bezog in der Zeit vom 01.07.2005 bis 31.08.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 470,28 €. In ihrem Antrag auf Gewährung von Leistungen gab sie an, ledig zu sein und mit B., geboren im Jahre ..., in einer Wohngemeinschaft zu leben. Sie legte der Antragsgegnerin (Ag) den Mietvertrag vom 08.05.2003 vor. Dieser Mietvertrag wurde zwischen der L. Wohnungs- und Baugesellschaft mbH und der “Wohngemeinschaft B. und der Ast„ abgeschlossen und begann am 01.06.2003. Die Wohnung besteht danach aus 2 Zimmern, Küche, Bad, Flur und einem Balkon sowie einem Keller. Der Mietzins beträgt monatlich 198,08 € zuzüglich der Nebenkosten einschließlich Warmwasser in Höhe von monatlich 96,85 €, zusammen somit 294,93 €/Monat.

In der Zeit vom 01.09.2005 bis 31.08.2006 bezog die Ast Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög).

Am 04.07.2006 beantragte die Ast erneut die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Sie gab wieder an, ledig zu sein und mit B. - wie bisher - in einer Wohngemeinschaft zu leben. Im Zusatzblatt zur Überprüfung einer eheähnlichen Gemeinschaft gab die Ast an, es bestehe keine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft; sie sei Mitmieterin und habe einen Raum als Schlaf- und Wohnraum für sich alleine. Die Miete werde von jedem anteilig gezahlt. Einkäufe des täglichen Bedarfes erledige jeder für sich allein. Es bestehe kein gemeinsames Konto oder eine wechselseitige Einzugs- oder Verfügungsermächtigung. Gemeinsame Vermögenswerte (z.B. gemeinsames Sparbuch, Bausparvertrag) oder gemeinsame Versicherungen bzw. Begünstigung des Partners in der Versicherung gebe es nicht.

Da die Ag den Verdacht hegte, die Ast lebe mit B. in eheähnlicher Gemeinschaft, suchte ein Mitarbeiter die Wohnung der Ast auf. In dem daraufhin angefertigten Protokoll wurde im Wesentlichen festgestellt, dass alle Zimmer und Möbel gemeinsam genutzt werden würden.

Mit Bescheid vom 28.09.2006 lehnte es die Ag ab, der Ast Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zu gewähren. Die Ast lebe mit B. in einer Bedarfsgemeinschaft. Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, werde vermutet, wenn Personen länger als ein Jahr zusammenlebten. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben, da die Ast mit B. seit 01.06.2003 in einer gemeinsamen Wohnung lebten. Der am 12.09.2003 durchgeführte Hausbesuch habe nicht ergeben, dass es sich lediglich um eine Wohngemeinschaft handele.

Hiergegen erhob die Ast Widerspruch, weil sie mit B. nicht in eheähnlicher Gemeinschaft lebe.

Ohne weitere Ermittlungen wies die Ag den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 17.10.2006). Der am 12.09.2006 durchgeführte Hausbesuch habe die gesetzliche Vermutung, wonach das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft vermutet werde, wenn Partner länger als ein Jahr länger zusammenlebten, keineswegs widerlegt, sondern eher sogar noch untermauert, da sich in allen Räumen gemeinsam genutztes Mobiliar befinden würde. Deren Ausstattung und Nutzung widerspreche somit den Angaben der Ast zum Bestehen einer klassischen Wohngemeinschaft. Im Ergebnis werde festgestellt, dass zwischen der Ast und B. keine Wohngemeinschaft bestehe.

Dagegen erhob die Ast rechtzeitig Klage, über die noch nicht entschieden ist.

Am 16.11.2006 stellte die Ast einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, mit dem sie die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab 01.09.2006 begehrt.

Im Erörterungstermin vom 19.12.2006 gab die Ast im Wesentlichen zu Protokoll, sie habe etwa ein bis zwei Jahre vorher zeitweise mit B. in der B. in L. gewohnt. Zeitweise deshalb, weil sie einen Teil ihrer Zeit bei ihrem Bruder gelebt habe. Sie sei deshalb mit B. zusammengezogen, weil dieser ein Freund ihres Bruders war und ist; daher kenne sie B.. Sie habe ni...

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