Entscheidungsstichwort (Thema)

Verordnungsfähigkeit eines Medizinproduktes zu Lasten der Krankenkasse

 

Orientierungssatz

1. Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit diese in der vertragsärztlichen Versorgung verordnungsfähig sind. Um vertragsärztlich verordnet werden zu können, müssen die Arzneimittel verschreibungspflichtig sein. Nur solche Medizinprodukte sind in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen, die auch apothekenpflichtig sind.

2. Cystistat ist ein Medizinprodukt, besteht aus Hyaluronsäure und wird u. a. zur Behandlung der interstitiellen Cystitis eingesetzt. Es wirkt ausschließlich physikalisch und nicht pharmakologisch und ist deshalb kein Medizinprodukt i. S. von § 3 Nr. 2 Medizinproduktegesetz. Es ist weder verschreibungs-, noch apothekenpflichtig. Damit scheidet eine Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung aus.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind unter den Beteiligten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin eine Behandlung mit dem Produkt Cystistat zur Instillation in die Blase gewähren muss (Kosten monatlich etwa 850,- EUR). Gemäß dem Prospekt des Herstellers Cyto Chemia handelt es sich um ein Medizinprodukt, bestehend aus Hyaluronsäure, welches u.a. zur Behandlung der interstitiellen Cystitis eingesetzt wird. Die im Jahre 1939 geborene Klägerin leidet nach Auskunft ihres behandelnden Urologen, Dr. seit April 1999 u.a. unter einem chronischen Pelvic Pain-Syndrom/urethralen Schmerzsyndrom. In einem bei der Beklagten am 03.11.2003 eingegangenem Schreiben teilte Dr. der Beklagten mit, bei der Klägerin werde aufgrund der Symptomatik seit April 1999 eine intermittierende Schmerztherapie und Antibiose durchgeführt. Als Ultima ratio werde eine Blasenaugmentation diskutiert. Eine mögliche konservative Therapie zur Verbesserung der Symptomatik könne die Instillation mit dem Präparat Cystistat seien. Studien hätten hier Erfolge bei Patientinnen mit Verdacht auf interstitieller Cystitis/Pelvic Pain-Syndrom ergeben. Aufgrund der hohen Therapiekosten sei eine Rezeptierung außerhalb des Arzneimittel-Budgets erforderlich. Er bitte um schriftliche Genehmigung der Therapiekostenübernahme und Bestätigung der Rezeptierung außerhalb des Arzneimittel-Budgets. Die Beklagte legte den Vorgang dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein (MDK) zur Stellungnahme vor und teilte der Klägerin anschließend mit Bescheid vom 10.11.2003 mit, das Präparat Cystistat habe nach Auskunft des MDK keine Arzneimittelzulassung, so dass es sich nicht um ein verkehrsfähiges Arzneimittel handele. Eine Kostenübernahme könne deshalb nicht erfolgen. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und fügte eine Stellungnahme der Firma Cyto Chemia bei, wonach Cystistat verordnungs- und erstattungsfähig sei. In der Folgezeit übersandte die vorgenannte Firma der Beklagten ein Kurzgutachten der Rechtsanwälte Dres ... zur Verordnungsfähigkeit von Cystistat in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nachdem der MDK in einem Zweitgutachten zu dem Ergebnis gelangt war, dass hyaluronhaltige Medizinprodukte (wie Cystistat) nicht als apothekenpflichtig angesehen werden könnten und im übrigen beim Einsatz als Arzneimittel keine Zulassung besitzen würden, teilte die Beklagte der Klägerin das Ergebnis dieses Zweitgutachtens mit. Schließlich wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2004 den Rechtsbehelf der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, Versicherte hätten Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen seien. Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt und apothekenpflichtig seien und die bei Anwendung der am 31.12.1994 geltenden Fassung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) Arzneimittel gewesen seien, seien in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen; die §§ 33a und 35 SGB V fänden insoweit keine Anwendung. Der Vertragsarzt könne Arzneimittel, die aufgrund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 NR. 6 von der Versorgung ausgeschlossen seien, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 könnten die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung habe, frei wählen (§ 31 Abs. 1 SGB V). Die Krankenkassen und die Leistungserbringer hätten eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten müsse ausreichend und zweckmäßig seien, dürfe das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und müsse in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden (§ 70 Abs. 1 SGB ...

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