Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf jedes Krankengeldbewilligungsabschnitts. Schließung der Arztpraxis am Rosenmontag unbeachtlich

 

Orientierungssatz

Nach Auffassung des Bundessozialgerichts obliegt es bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nach Beschäftigungsende grundsätzlich und allein dem Versicherten, eine Nahtlosigkeit der ärztlichen Feststellungen sicherzustellen (vgl BSG vom 4.3.2014 - B 1 KR 17/13 R = SozR 4-2500 § 192 Nr 6). Der Versicherte muss alles Erforderliche und ihm objektiv Mögliche getan haben, um die gesundheitlichen Voraussetzungen seiner Arbeitsunfähigkeit zeitnah feststellen zu lassen. Er kann sich nicht darauf berufen, dass die Praxis des behandelnden Arztes am Rosenmontag geschlossen und es ihm deswegen nicht möglich war, die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachzuweisen.

 

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller über den 19.02.2017 hinaus bis einschließlich 24.02.2017 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften Krankengeld vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers hat die Antragsgegnerin zu einem Viertel zu erstatten.

 

Gründe

Der Antrag ist zulässig und zumindest teilweise begründet.

Nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig, wenn andernfalls die Gefahr besteht, dass ein Recht des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung sind das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Der Anordnungsanspruch bezieht sich auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird. Die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05). Hier ist nur eine Folgenabwägung möglich:

Ob dem am 02.02.1972 geborenen und bei der Antragsgegnerin krankenversicherten Antragsteller ein Anspruch auf Zahlung von Krankengeld über den 19.02.2017 hinaus in der Hauptsache zusteht, ist derzeit unklar. Streitgegenständlich ist der Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.02.2017, mit dem die Zahlung von Krankengeld im Hinblick auf eine seit dem 11.03.2016 bestehende Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers eingestellt wurde. Die Antragsgegnerin hat sich für die Einstellung des Krankengeldes auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 09.02.2017 bezogen, in der eine weitergehende Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers nicht gesehen wurde. Den bis dahin bestehenden Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet lägen keine objektivierbaren Befunde bzw. Funktionseinschränkungen mehr zugrunde. Der Antragsteller könne seine zuletzt ausgeübte Bürotätigkeit wieder ausüben. Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 20.02.2017 Widerspruch eingelegt.

Am 20.02.2017 ging der Antrag auf einstweiligen Rechtschutz beim Sozialgericht Koblenz ein.

Die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren sind derzeit offen. Der Antragsteller hat mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich 15.02.2017 glaubhaft gemacht, dass sein behandelnder Orthopäde Dr. ihn für arbeitsunfähig hielt. Ab dem 15.02.2017 liegen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, die von den Internisten Dres. ausgestellt wurden. In dem vom Gericht eingeholten Befundbericht vom 21.03.2017 teilen die behandelnden Internisten mit, dass der Antragsteller glaubhaft ab dem 15.02.2017 über Magen- und Oberbauchbeschwerden geklagt habe. Es wurden eine Gastroenteritis bzw. eine Gastritis diagnostiziert. Die Beschwerden werden demnächst durch eine Gastroskopie abgeklärt. Aufgrund dessen hält es das Gericht zunächst einmal für glaubhaft, dass Arbeitsunfähigkeit auch über den 19.02.2017 bestand. Soweit der MDK ...

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