Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.05.2018; Aktenzeichen B 11 AL 6/17 R)

 

Tenor

1. Die Bescheide der Beklagten vom 4.4.2013 und 27.5.2013 sowie der Widerspruchsbescheid vom 19.6.2013 werden dahingehend abgeändert, dass Arbeitslosengeld bei Weiterbildung für die Zeit vom 28.1.2013 bis 8.5.2013 bewilligt wird.

2. Die Beklagte erstattet die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Angefochten sind die Bescheide vom 4.4.2013 und 27.5.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.6.2013. Mit diesen Bescheiden bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 28.1.2013 bis 27.4.2013 Arbeitslosengeld bei Weiterbildung und für die Zeit ab 28.4.2013 Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit. Eine Verlängerung der Bewilligung von Arbeitslosengeld bei Weiterbildung wegen der vom 6.5.2013 bis 8.5.2013 liegenden Prüfungstermine lehnte die Beklagte dabei ab. Bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld bei Weiterbildung komme es auf den Zeitpunkt einer etwaigen Abschlussprüfung nicht an. Unterrichtsfreie Zeiten unmittelbar nach einer Bildungsmaßnahme zum Beispiel bis zur Abschlussprüfung würden einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Weiterbildung ausschließen. Die Klägerin habe für diese Zeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit. Dies gelte auch für die Zeiten, in denen die Klägerin an der Prüfung teilgenommen habe.

Die Klägerin hat gegen die genannten Bescheide am 24.7.2013 Klage erhoben. Sie vertritt den Standpunkt, dass die Wartezeit auf die mündliche Prüfung zur tatsächlichen Unterrichtszeit gehört, da die gesamte Ausbildung auf den Abschluss bzw. die Abschlussprüfung in der Zeit vom 6. bis 8.5.2013 ausgerichtet gewesen sei. Tatsächlich habe sie am 2.5.2013 an einem Probeworkshop teilgenommen und bei der Abschlussprüfung habe es sich ebenfalls um einen Workshop gehandelt. Probeworkshop und Zertifizierungsworkshop seien von den Lehrgangsgebühren abgedeckt gewesen.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide vom 4.4.2013 und 27.5.2013 sowie den Widerspruchsbescheid vom 19.6.2013 dahingehend abzuändern, dass ihr Arbeitslosengeld bei Weiterbildung für den Zeitraum 28.1.2013 bis 8.5.2013 bewilligt wird.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie verweist darauf, dass nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB III Weiterbildung nur für die Zeit vom ersten bis zum letzten Tag der Maßnahme mit Unterrichtsveranstaltungen anzuerkennen sei. Weil es sich bei den Prüfungstagen nicht um Unterrichtsveranstaltungen handle, komme die Gewährung von Arbeitslosengeld bei Weiterbildung für diese Tage oder bis zu diesen Tagen nicht in Betracht.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen sowie für den gesamten Sachverhalt wird auf die beigezogenen Unterlagen und auf die Prozessakte Bezug genommen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand Entscheidung gemacht worden sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 4.4.2013 und 27.5.2013 sowie der Widerspruchsbescheid vom 19.6.2013 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten aus § 144 Abs. 1 SGB III. Die Klägerin hat Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung für die Zeit vom 28.1.2013 bis 8.5.2013, weil sie in diesen Zeitraum wegen der Teilnahme an einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand. Dies folgt daraus, dass die gesamte Maßnahme einschließlich der Zertifizierung durch die Beklagte gefördert wurde. Auch ohne Unterrichtsveranstaltungen im engeren Sinne stand die Klägerin in der Zeit vom 28.4.2013 bis zum 8.5.2013 der Arbeitsvermittlung tatsächlich nicht zur Verfügung, denn selbstverständlich lag es im Interesse sowohl der Klägerin wie auch der Beklagten dass die bewilligte Maßnahme erfolgreich mit der Zertifizierung abgeschlossen wird. Die Einbeziehung der Prüfungstage über die Tage der Unterrichtsveranstaltungen im engeren Sinne (Wissensvermittlung) hinaus rechtfertigt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, nämlich das Arbeitslosengeld weiter bewilligt werden soll, auch wenn der Arbeitslose der Arbeitsvermittlung wegen der Teilnahme an der geförderten Weiterbildung nicht zur Verfügung steht. Ebenso ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, dass bei der Überführung des vormaligen Unterhaltsgeldes in das Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung ausschließlich eine Verwaltungsvereinfachung und nicht leistungsrechtlichen Nachteile für die Betroffenen beabsichtigt waren (Bundestagsdrucksache 15/1515 Seite 82)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Da die Frage, ob Arbeitslosengeld bei Weiterbildung auch für die Prüfungstage zu bewilligen ist, grundsätzliche Bedeutung hat, war die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI10644294

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