Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütungsanspruch eines Krankenhauses. Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung. kein Anspruch auf Vergütung nicht erforderlicher Krankenhausbehandlung aus Versorgungs- und Entlassmanagement

 

Orientierungssatz

1. Zur Frage der objektiven Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung (vgl LSG Potsdam vom 8.6.2011 - L 9 KR 504/08).

2. Aus den Regelungen zum sog Versorgungs- und Entlassmanagement ergibt sich kein Anspruch auf die Vergütung nicht erforderlicher Krankenhausbehandlung.

3. Sowohl § 11 Abs 2 als auch Abs 4 SGB 5 legen als Anspruchsberechtigte die Versicherten fest. Ein Krankenhaus kann als Leistungserbringer daraus für sich keine eigenen Ansprüche herleiten (vgl LSG Stuttgart vom 27.1.2012 - L 4 R 1296/11).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.11.2015; Aktenzeichen B 1 KR 20/15 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Kosten, die für den Aufenthalt eines Versicherten der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist Trägerin eines Plankrankenhauses im Sinne von § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). In diesem Krankenhaus wurde der 1961 geborene und 2012 verstorbene ehemalige Versicherte der Beklagten J. Sch. aufgrund einer -jeweiligen- Einweisung durch den Notarzt im Zeitraum vom 30.03.2009 bis 01.07.2009 und erneut vom 24.07. bis 27.10.2009 vollstationär behandelt.

Grund für die Behandlung im Krankenhaus war im ersten Zeitraum ein epileptischer Anfall, wobei der Versicherte aufgrund derselben Erkrankung bereits eine Woche vorher in W. im Krankenhaus behandelt worden war und ab dem 22.02.2009 zunächst eine tagesklinische Behandlung stattgefunden hatte. Bereits am 30.3.2009 wurde der Versicherte erneut in die vollstationäre Krankenhausbehandlung übernommen, da im Rahmen der vorangegangenen tagesklinischen Behandlung keine Abstinenz erreicht werden konnte, die aufgrund der bestehenden Alkoholabhängigkeit mit erheblichen psychischen, somatischen und sozialen Folgeschäden das Behandlungsziel war.

Im Krankenhaus der Klägerin war der Versicherte im Jahr 2007 bereits mit den Diagnosen, Akute Alkoholintoxikation, F10.0, Alkoholabhängigkeitssyndrom, F 10.2, Alkoholbedingte kognitive Störung und hirnorganische Wesensveränderung, F10.7, Ptergyium, H11.0, Alkoholische Fettleber, K70.0 behandelt worden.

Der Versicherte wurde am 01.07.2009 in eine Einrichtung zur Betreuung alkoholkranker Menschen entlassen. Die Klägerin rechnete den Behandlungsfall mit tagesgleichen Pflegesätzen ab, wobei im vorliegenden Verfahren die Teilrechnung vom 05.02.2010 über den Aufenthalt vom 27.05.2009 bis 01.07.2009 streitig ist. Sie beläuft sich auf 35 tagesgleiche Pflegesätze a 52,48 EUR Basispflegesatz vollstationär Psychiatrie und Abteilungspflegesatz Psychiatrie in Höhe von jeweils 158,26 EUR, sowie den Investitionskostenzuschlag von 196,70 EUR, mithin 7.572,60 EUR.

Bereits drei Wochen nach seiner Entlassung am 1.7.2009 musste der Versicherte am 24.07.2009 erneut stationär aufgenommen werden, nachdem seine 88-jährige Mutter den Rettungsdienst gerufen hatte, da der Versicherte nur noch im Bett liege und kaum noch ansprechbar sei. Der Versicherte selber konnte zu der zur Aufnahme führenden Situation kaum etwas berichten. Schließlich konnte festgestellt werden, dass er seinen Aufenthalt in dem Wohnheim, in das er am 1.7.2009 direkt verlegt worden war, nach vier Tagen gekündigt und nach zwei Wochen endgültig abgebrochen hatte und wieder zu seiner Mutter gezogen war.

Der Versicherte wurde am 27.10.2009 in das Wohnheim M. verlegt, bis dahin befand er sich in der vollstationären Behandlung im Krankenhaus der Klägerin.

Für den Aufenthalt ab 24.07.2009 legte die Klägerseite mehrere Rechnungen, von denen hier die Rechnung ebenfalls vom 05.02.2010 streitig ist, die den Zeitraum vom 10.10. bis 26.10.2009 betrifft und 17 tagesgleiche Pflegsätze in der oben genannten Höhe, sowie einen Investitionskostenzuschlag von 95,54 EUR, mithin 3.678,12 EUR ausweist.

Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit der Prüfung, ob die Krankenhausbehandlung jeweils für den abgerechneten Zeitraum erforderlich gewesen sei.

In der gutachterlichen Stellungnahme des MDK für den Behandlungszeitraum vom 30.3.2009 bis 1.7.2009 führt dieser aus, dass als Grunderkrankung eine Alkoholabhängigkeit mit erheblichen psychischen, somatischen und sozialen Folgeschäden vorliegt. Weiter führt die Gutachterin im Gutachten vom 20.09.2009 aus:

"Letztendlich konnte unter teilstationären Bedingungen keine Abstinenzfähigkeit aufrechterhalten werden. Bei massiver kognitiver Beeinträchtigung mit fehlender Einsicht und Kritikfähigkeit blieb nur noch die Einleitung einer Unterbringung in einem Wohnheim für Suchtkranke. Seitens der Behandler wurde frühzeitig dieses Problem erk...

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