Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Weitergewährung von Krankengeld - Meldefrist für die erneute Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeit

 

Orientierungssatz

1. Nach § 46 S. 1 Nr. 2 SGB 5 entsteht der Anspruch auf Krankengeld vom Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an.

2. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB 5 ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt.

3. Dies gilt auch hinsichtlich der Zeiten weiterer bescheinigter Arbeitsunfähigkeit. Nach Ablauf der gemeldeten befristeten Arbeitsunfähigkeit muss die weitere Arbeitsunfähigkeit spätestens binnen einer Woche der Krankenkasse gemeldet sein.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 07.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 25. bis 28.06.2020 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 25. bis 28.06.2020 i.H.v. kalendertäglich 72,93 € brutto (x 4 Tage = 291,72 € brutto).

Der 1958 geborene Kläger war im streitigen Zeitraum bei der Beklagten als Arbeitnehmer krankenversichert. Er erkrankte arbeitsunfähig und erhielt bis zum 24.06.2020 Entgeltfortzahlung. Der behandelnde Orthopäde Dr. med. B. stellte Arbeitsunfähigkeit (AU) per Folgebescheinigung am 08.06.2020 bis zum 19.06.2020 (Freitag) und am 22.06.2020 (Montag) bis zum 28.06.2020 (Sonntag) fest (jeweilige Diagnose: Stenose der Foramina invertebralia durch Bandscheibenschaden, ICD-10 M99.79). Die AU-Bescheinigung vom 22.06.2020 (Ausfertigung zur Vorlage bei der Krankenkasse) ging gemäß Scandatum am 29.06.2020 (Montag) bei der Beklagten ein.

Mit Bescheid vom 07.12.2020 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 25. bis 28.06.2020 ab. Der Krankengeldanspruch ruhe in dieser Zeit, weil die Attestierung der weiteren Arbeitsunfähigkeit erst am 29.06.2020 angezeigt worden sei. Die Anzeige hätte jedoch bis zum 26.06.2020 (eine Woche nach dem Ende der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit) erfolgen müssen. Der Kläger erhob Widerspruch. Er habe die AU-Bescheinigung pünktlich eingeworfen. Das dazwischenliegende Wochenende sei nicht seine Schuld. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2021 zurück. Die Wochenfrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ende mit Ablauf desjenigen Tages der folgenden Woche, der dem Wochentag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit entspreche. Falle dieser auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, laufe die Meldefrist am nächsten Werktag ab. Die Beklagte verwies hierzu auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 08.02.2018 - L 1 KR 333/17 -.

Am 20.04.2021 hat der Kläger Klage erhoben. Im Wesentlichen wiederholt er sein Vorbringen aus dem Vorverfahren.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 25. bis 28.06.2020 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

2. hilfsweise, die Berufung zuzulassen.

Zur Begründung verweist die Beklagte auf die angegriffenen Bescheide. Sie ist der Auffassung, die Wochenfrist für die neu nach dem 19.06.2020 festgestellte AU beginne am 20.06.2020 (Samstag) und ende am 26.06.2020 (Freitag).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 07.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Krankengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 25. bis 28.06.2020.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) haben Versicherte u.a. Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang sie Krankengeld beanspruchen können, richtet sich nach dem Versicherungsverhältnis, das bei Entstehung des Krankengeldanspruchs vorliegt (BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R -, juris, Rn. 22).

Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld - außer in Fällen stationärer Behandlung - vom Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Der Anspruch bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung späte...

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