Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des querschnittsgelähmten Versicherten auf Versorgung mit einem Exoskelett

 

Orientierungssatz

1. Das Exoskelett ist ein Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich eines Querschnittsgelähmten i. S. von § 33 SGB 5. Dieser wird damit in die Lage versetzt, zu stehen und zu gehen.

2. Bei dem unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits.

3. Für einen querschnittsgelähmten Versicherten ist das Exoskelett erforderlich und geeignet i. S. von § 12 SGB 5. Damit ist der Versicherte in der Lage, bei entsprechendem Training größere Wegstrecken zurückzulegen. Somit ist die Krankenkasse zur Leistung verpflichtet.

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 17.12.2014 und der Widerspruchsbescheid vom 05.03.2015 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger mit einem ReWalk Exoskelett-System gemäß Verordnung zu versorgen.

3. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Versorgung des Klägers mit einem ReWalk Exoskelett-System.

Der 1956 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten unter Vorlage einer Verordnung von Dres. C. vom 06.10.2014 am 10.10.2014 die Versorgung mit einem ReWalk Exoskelett-System. Bei dem Kläger besteht aufgrund einer BWK 12/LWK 1 Fraktur eine komplette Paraplegie und er ist auf den Rollstuhl angewiesen.

Bei dem ReWalk Exoskelett-System handelt es sich um eine motorbetriebene computergesteuerte Exoskelett Orthese, durch die ermöglicht werden soll, zu stehen und zu gehen. Laut damaligem Kostenvoranschlag betrug der Preis 64.500,00 €. Ein neuer Kostenvoranschlag sieht die Versorgung zu einem Preis von 83.400,00 € vor. Dem Antrag des Klägers war eine Stellungnahme der Asklepios Klinik Falkenstein beigefügt, die Trainingsprogramme für das Exoskelett-System anbietet und den Kläger aufgrund seines Trainingszustandes für geeignet hielt, das ReWalk Exoskelett selbstständig im Alltag zu nutzen.

Mit Schreiben vom 30.10.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Antrag dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zur Prüfung vorgelegt worden sei und daher der Kläger mit der Bescheidung seines Antrages noch ein bisschen Geduld haben möge. Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 04.11.2014 noch einen ärztlichen Befundbericht und den Reha-Entlassungsbericht sowie den Erprobungsbericht zum Exoskelett an. Der Erprobungsbericht ging am 17.11.2014 bei der Beklagten ein. Mit Schreiben vom 18.11.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Unterlagen dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zur Prüfung vorgelegt worden seien. Die Stellungnahme des MDK datiert vom 16.12.2014. Mit Bescheid vom 17.12.2014 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, da der MDK in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das erprobte Produkt ein Therapiegerät darstelle, das im Rahmen einer Krankenbehandlung für spezialisierte Zentren mit entsprechendem professionellen Therapeuteneinsatz praktikabel und anwendbar sei.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 21.12.2014 Widerspruch. Die Leistung gelte als genehmigt, da die Beklagte nicht innerhalb der Frist des § 13 Abs. 3 a SGB V entschieden habe. Im Übrigen handele es sich um ein Hilfsmittel, das einem rollstuhlpflichtigen Patienten wieder das Laufen ermögliche. Der Hauptzweck bestehe in der Wiederherstellung der Mobilität und nicht im therapeutischen Bereich. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2015 zurück. Zur Begründung führte die Beklagte unter anderem aus, bei der Versorgung mit Hilfsmitteln sei das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Der MDK Hessen habe in der Stellungnahme vom 16.12.2014 eine Kostenübernahme nicht empfohlen. Die vorgelegte Videodokumentation zeige, wie der Kläger mit der beantragten Versorgung ebene Strecken mit deutlicher Unterstützung durch eine Begleitperson zurücklege, im Sinne eines assistierten Gehens. Ein selbstständiges, freies, eigenbestimmtes, eigenständiges und selbsttätiges Gehen könne nicht erreicht werden und es sei auch keine verbesserte Eigenständigkeit zu erreichen, die den Kläger vom Rollstuhl unabhängiger mache. Der Kläger werde bei der Nutzung des ReWalk Exoskelett-Systems auf Hilfspersonen angewiesen sein, die ihn unterstützen, führen, sichern und assistieren. Die Durchführung eines effizienten Gehtrainings erscheine im vorliegenden Fall sehr aufwendig und nur mit Hilfe eines spezialisierten Teams in einer entsprechenden stationären Einrichtung möglich. Eine Alltagstauglichkeit und eine allgemeine, eigentätige, freie, selbstständige Nutzung seien derzeit nicht belegt. Zum mittelbaren Behinderungsausgleich stünde dem Kläger im Bereich der Mobilität ein Rollstuhl zur Verfügung. Auch ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 a SGB V scheide aus, da es bereits an einer Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. an deren medizinischer Notwendigkeit mangele. Im Übrigen gelt...

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