Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 07.06.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 28.07.2005 werden aufgehoben. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Revision unter Übergehung der Berufsinstanz wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Entziehung der wegen einer Berufskrankheit gewährten Verletztenrente im Wege der Neufeststellung aufgrund geänderter Empfehlungen für die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).

Der 1941 geborene Kläger war seit 1956 als Betriebsschlosser bei den S1 in D-S2 in der Teerdestillation tätig und erkrankte im August 1993 an einem Basalzellkarzinom des rechten Nasenflügels. Es wurde im November 1993 in der Universitäts-Hautklinik N entfernt. Entsprechend einem Gutachten des Hautarztes T erkannte die Beklagte beim Kläger "warzige Teerhautveränderungen" als Berufskrankheit (BK) 5102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung an und bewilligte ihm Rente entsprechend einer MdE um 20 v. H. (Bescheid vom 14.06.1994). In der Folgezeit wurden regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchgeführt, die keine neuen karzinomatösen Hautveränderungen aufzeigten. Die letzte Nachuntersuchung erfolgte am 21.03.2005. T stellte in seinem Gutachten vom 04.05.2005 fest, dass sich an der vorliegenden Teerhauterkrankung nichts geändert habe. Eine wesentliche Besserung sei nach den neuen Richtlinien zur Bewertung der MdE von M u.a. (ASU 2004, 450) aber in der nunmehr 11-jährigen Rezidivfreiheit zu sehen und die MdE sei mit unter 10 v. H. zu bewerten. Daraufhin entzog die Beklagte mit Bescheid vom 07.06.2005 die Rente. Den dagegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2005 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 18.08.2005 erhobene Klage. Nach Ansicht des Klägers ist eine zur Rentenentziehung berechtigende wesentliche Änderung nicht eingetreten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 07.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.07.2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ihrer Ansicht nach ist eine wesentliche Änderung darin zu sehen, dass nach 11 Jahren ohne Rezidiv eine Stabilisierung des Gesundheitszustands einschließlich der mit einer Krebserkrankung regelmäßig auftretenden psychosomatischen Probleme eingetreten ist. Unter Berücksichtigung des Aspektes der Genesungszeit sei jetzt von einer dauerhaften Besserung des Gesundheitszustands auszugehen. Die Beklagte legt eine Stellungnahme von Ml vom 21.12.2005 vor, in der die Historie der MdE-Bewertung bei der BK 5102 kurz zusammenfasst ist und beruft sich auf das Urteil des BSG vom 22.06.2004 (B 2 U 14/03 R).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. Alle diese Unterlagen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die statthafte Klage ist form- und fristgerecht erhoben und daher zulässig. Sie ist auch in der Sache selbst begründet. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung der Beklagten ist rechtswidrig und der Kläger ist dadurch im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Zu Unrecht hat die Beklagte die dem Kläger zugesprochene Rente mit Bescheid vom 07.06.2005 entzogen, denn eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 des 10. Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) ist nicht eingetreten.

Nach der genannten Vorschrift in Verbindung mit § 74 Abs. 1 SGB VII kann eine Rente auf unbestimmte Zeit in Abständen von mindestens einem Jahr zuungunsten des Beziehers geändert werden, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheids vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bei der Neufeststellung ist der Gesamtzustand der Unfallfolgen, wie er bei Erlass des Verwaltungsakts objektiv vorgelegen hat, mit dem späteren Leidenszustand zu vergleichen. Ergibt der Vergleich eine wesentliche Besserung, so ist die Rente herabzusetzen oder zu entziehen. Dabei darf die neue Bewertung der MdE nicht in freier Schätzung erfolgen. Vielmehr ist die Neufeststellung entsprechend dem Ausmaß der eingetretenen Änderung in Relation zu der früheren Bewertung vorzunehmen, unabhängig davon ob diese richtig oder unrichtig war. Demzufolge kann über § 48 SGB X keine Korrektur einer unrichtigen oder auch nur "wohlwollenden" früheren Beurteilung erfolgen. Die Veränderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit muss länger als drei Monate andauern und mehr als 5 v.H. betragen (§ 73 Abs. 3 SGB VII). Der streitige Bescheid erfüllt diese Anforderungen nicht.

Bei Erteilung des Rentenbewilligungsbescheids vom 14.06.1994 ist die MdE des Klägers durch die anerkannten warzigen Teerhautveränderungen mit 20 v. H. bewertet worden. Die Grundlagen der damaligen MdE-Bewertung haben sich zwischenzeitlich weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht geändert. Eine Änderung des als BK a...

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