Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeldrecht. verspätete Antragstellung. einmonatiger Elterngeldanspruch. Mindestbezugsdauer

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Elterngeldanspruch besteht auch dann für (nur) einen einzelnen Monat, wenn der anspruchstellende Elternteil sein Kind mindestens zwei Monate tatsächlich in Elternzeit betreut hat und ein längerer Elterngeldanspruch lediglich wegen verspäteter Antragstellung zu versagen ist (in Anschluss an BSG vom 8.3.2018 - B 10 EG 7/16 R = BSGE 125, 153 = SozR 4-7837 § 4 Nr 7).

 

Orientierungssatz

Ist der Zweck der Mindestbezugszeit erfüllt worden, kommt es auf ein etwaiges Verschulden des jeweiligen Anspruchsstellers im Hinblick auf die Herbeiführung einer nur einmonatigen Elterngeldzeit nicht an.

 

Tenor

Die Beklagte wird dem Grunde nach verurteilt, unter Aufhebung des Bescheids vom 23. Januar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2020 dem Kläger Elterngeld für die Zeit vom xx. Oktober bis xx. November 2019 zu zahlen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Elterngeld (allein) für den 11. Lebensmonat seiner 2018 geborenen Tochter C. A., also für den Zeitraum vom xx. Oktober bis xx. November 2019.

Der Kläger ist Beamter der Bundespolizei und nahm für den 8. und 11. Lebensmonat seiner Tochter mit Einverständnis seines Dienstherrn Elternzeit. Dementsprechend beantragte der Kläger mit Datum vom 19. November 2019, bei dem Beklagten eingegangen am 12. Dezember 2019, Leistung von Elterngeld für diese beiden Lebensmonate.

Mit dem angegriffenen Bescheid vom 23. Januar 2020 lehnte der Beklagte die Zahlung von Elterngeld für die beiden Bezugszeiträume ab. Zur Begründung führte er aus, dass ein Elterngeldanspruch nur bestehe, wenn es für mindestens zwei Lebensmonate bezogen werde. Dies sei wegen der in Bezug auf den 8. Lebensmonat seiner Tochter verspäteten Antragstellung nicht möglich. Eine Elterngeldzahlung nur für den 11. Lebensmonat sei ausgeschlossen; eine diesbezügliche Sondersituation, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte, liege nicht vor.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger durch seine Bevollmächtigte Widerspruch. Zur Begründung führt er aus, dass die Voraussetzungen für zwei Leistungsmonate erfüllt seien. Es entspreche nicht den Sinn und Zweck der Norm, dass bei nicht rechtzeitiger Antragstellung für einen Elterngeldmonat, sofern Elternzeit genommen wurde, auch der Anspruch für den zweiten Monat entfalle.

Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2020 zurück. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) lägen wegen verspäteter Antragsstellung für den 8. Lebensmonat des Kindes nicht vor. Die dreimonatige Frist des § 7 Abs. 3 BEEG gelte ohne Ausnahme; Gründe, die eine Widereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten (§ 27 SGB X), seien nicht ersichtlich und auch nicht dargelegt worden. Der Kläger könne aber Elterngeld nur beziehen, wenn er es für mindestens zwei Lebensmonate in Anspruch nehme (§ 4 Abs. 5 BEEG). Da die Bewilligung für nur einen Lebensmonat somit nicht möglich sei, könne für den 11. Lebensmonat allein ebenfalls kein Elterngeld gewährt werden.

Mit Klageschrift vom 17. April 2020, die am selben Tag bei dem Sozialgericht Fulda eingegangen ist, hat der Kläger Klage erhoben und verfolgt sein Begehren auf Elterngeld für den 11. Lebensmonat seiner Tochter weiter. Er begründet es damit, dass die Regelung über Gewährung von Elterngeld für die Zeit von zwei Monaten gemäß dem BEEG im vorliegenden Fall dem Anspruch auf Gewährung von Elterngeld nicht entgegenstehe. Die Mindestbezugszeit bezwecke lediglich die vermehrte Inanspruchnahme und ziele auf die Motivation des zweiten Elternteils ab, zu einer wenigstens übergangsweisen Reduzierung der Erwerbstätigkeit veranlasst zu werden. Deshalb hätte der Kläger mit seiner Inanspruchnahme von Elternteil für zwei Monate die Motivation und damit den Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung voll erfüllt. Der Kläger habe sich als betreuender Vater Zeit für sein Kind von zwei Monaten genommen und damit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung vollumfänglich erfüllt. Daraus folgend sei die Vorschrift teleologisch dahingehend auszulegen, dass Elterngeld auch in den Fällen zu gewähren ist, in denen Elternzeit tatsächlich für zwei Monate genommen wurde, jedoch die Frist zur Antragsstellung für einen der Monate verpasst worden sei. Dass für die einzelnen Monate zwei verschiedene Fristen laufen, dürfe nicht zur Folge haben, dass das Verstreichen einer Frist dazu führt, dass der Kläger den vollständigen Anspruch verliere.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 23. Januar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2020 aufzuheben und dem Kläger für den 11. Lebensmonat seines Kindes C. A., geboren am xx. xxx 2018, Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu bewilligen

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf den Wide...

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