Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Übernahme von Schulden. Stromschulden. Begriff

 

Orientierungssatz

1. Der Begriff der Schulden iS des § 22 Abs 8 SGB 2 umfasst im Falle von Stromschulden alle Forderungen, die der Energieversorger für die Vergangenheit dem Hilfebedürftigen gegenüber hat. Das sind sowohl die rückständigen Verbrauchs- und Grundgebühren als auch die in der Vergangenheit bereits angefallenen Kosten für Mahnungen und Zinsen.

2. Unter den Begriff der Stromschulden ist auch der Betrag für die Sperrung und Entsperrung des Stroms zu subsumieren, denn dieser Betrag ist ein Gesamtbetrag, der nicht nach Sperrung (in der Vergangenheit liegend und damit Schulden) und Entsperrung (in der Zukunft liegend) unterscheidet.

 

Tenor

1. Der Antragsgegner wild im Wege der einstweiligen Anordnung verurteilt, der Antragstellerin ein Darlehen zur Begleichung ihrer Stromschulden in Höhe von 1.272,27 € gegen Ratenzahlung in Höhe von 10% der für die Antragstellerin maßgeblichen Regelleistung monatlich zur Verfügung zu stellen und unmittelbar an das E-Werk- M... auszuzahlen. Der Antragsgegner darf die Ratenzahlung von den zu laufenden Leistungen einbehalten.

2. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die vorläufige Bewilligung eines Darlehens zur Begleichung von Stromschulden.

Die im Jahr ... geborene Antragstellerin bezieht seit dem Jahr 2006 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Antragsgegner. Sie ist erwerbsfähig und hilfebedürftig. Sie wohnte bis März 2008 in einer Wohnung in der ... . In dieser Wohnung zahlte sie nicht rechtzeitig die Stromabschläge an das E-Werk-M... . Es liefen Stromschulden in Höhe von insgesamt 1.034,67 € (Stand: 8.7.2011) auf. Bis Ende Mai 2011 zusammen mit ihren beiden schwer drogensüchtigen Söhnen gemeinsam in einer Wohnung. Dort lief der Stromvertrag auf den Namen ihrer Söhne.

Am 17.4.2011 beantragte die Antragstellerin die Zustimmung des Antragsgegners zu einem Umzug in eine Wohnung in der... . Dazu legte auf Anforderung ein ärztliches Attest des Facharztes für Innere Medizin ... vor, nach dem es ihr nicht zumutbar war, in der bisherigen Wohnung zu verbleiben, weil sie dem Zusammenleben mit zwei drogensüchtigen Söhnen psychisch nicht mehr gewachsen sei. Der Antragsgegner sicherte darauf hin mit Bescheid vom 18.4.2011 die Übernahme von Miete und Nebenkosten sowie der Kosten für die Wohnungsbeschaffung und den Umzug zu.

Am 17.5.2011 beantragte die Antragstellerin die Gewährung eines Darlehens von 1.257,27 € zum Ausgleich ihrer Stromschulden. Sie teilte dazu mit, dass aufgrund der alten Schulden auch der Stromzugang zu ihrer neuen Wohnung gesperrt worden sei. Ein Umzug sei dadurch nahezu sinnlos, weil die neue Wohnung nicht über Strom verfüge. Sie brauche deshalb dringend ein Darlehen, das sie in monatlichen Raten von 10% der Regelleistung zurückführen wolle. Sie sei bereit bei Gelegenheit Sonderzahlungen zu leisten. Die Auszahlung der Darlehenssumme solle direkt an das E-Werk-M... erfolgen.

Dazu legte sie eine Forderungsaufstellung des E-Werks-M... vor, nachdem eine Forderung von 1.034,67 €, Sperr- und Entsperrkosten von 87,60 €, Auslagen für die Firma C... von 150 € und eine Sicherheitsleistung von 300 € zu zahlen seien, um eine Entsperrung zu erreichen.

Mit Bescheid vom 26.5.2011 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung eines Darlehens wegen der Stromschulden ab. Die Sperrung der Energieversorgung könne durch einen Anbieterwechsel vermieden werden. Die Übernahme sei auch nicht gerechtfertigt, weil die Antragstellerin sich im Vorfeld nicht um eine Reduzierung der Schulden bemüht habe. Kosten für Mahnung und Inkasso könnten ohnehin nicht als Darlehen gewährt werden, so dass mit der verbleibenden Summe von reinen Schulden in Höhe von 845,25 € nicht erreicht werden könne.

Dagegen erhob die Antragstellerin am 1.6.2011 Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte, dass eine Entsperrung nur durch die Firma E-Werk M... erfolgen könne, weil diese Eigentümerin des Zählers sei. Ein Anbieterwechsel führe deshalb auch nicht zu einer Versorgung der Wohnung mit Strom. Durch einen Anbieterwechsel entziehe sie sich außerdem dem Zugriff des E-Werks-M..., das grenze an Betrug, die Hauptforderung bestehe seit 2.5.2008. Der letzte Kontakt wegen dieser Forderung habe im Oktober 2008 bestanden. Danach habe sie nichts mehr davon gehört und die Forderung vergessen. Erst durch die Anmeldung durch den neuen Vermieter sei bekannt geworden, dass sie wieder zum Abnehmerkreis gehöre. Ihr selbst sei die Sperrung nicht sofort aufgefallen, weil sie nicht sofort eingezogen sei, sondern erst noch Renovierungsarbeiten durchgeführt habe. Mahn- und Inkassokosten seien Teil der Stromschulden und deshalb ebenfalls darlehensweise zu übernehmen.

Am 10.6.2011 hat die Antragstellerin Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Widerspruch wiederholt hat.

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