Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers gegen den Betreuer eines Pflegebedürftigen wegen grob fahrlässiger Herbeiführung von Sozialhilfe

 

Orientierungssatz

1. Zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe ist nach § 103 SGB 12 verpflichtet, wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres für sich oder andere durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten die Voraussetzungen für die Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt hat.

2. Überwacht ein Berufsbetreuer nicht die rechtzeitige Zahlung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen, wird daraufhin die Mitgliedschaft des zu Betreuenden bei der Krankenkasse gekündigt, mit der Folge, dass der Betreute keine Pflegeleistungen mehr erhält und Heimkosten nicht mehr bezahlt werden, so handelt er grob fahrlässig und haftet dem Sozialhilfeträger für die Kosten der Unterbringung des Betreuten im Pflegeheim.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.07.2020; Aktenzeichen B 8 SO 2/19 R)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 3.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.7.2009.

Der Kläger war der Betreuer von Frau C. C. (Bl. 12 VA).

Frau C. erhält laut Testament ihres verstorbenen Lebensgefährten eine monatliche Pacht von 1.500 € von der Nichte des Verstorbenen. Dieser Betrag wurde von der Nichte des Verstorbenen Frau D. D. überwiesen. (Bl. 16, 30 VA).

Frau C. war ab 10.2.2003 im Alten- und Pflegeheim E. in E-Stadt untergebracht; der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 14.2.2005 die Kostenübernahme ab 10.2.2003 (Bl. 73 VA).

Aus einem Aktenvermerk vom 6.9.2005 geht hervor, dass der Kläger den Beklagten telefonisch kontaktierte und mitteilte, dass Frau C. Selbstzahlerin wegen einer laufenden Pachtzahlung der Nichte ihres verstorbenen Lebensgefährten sei. Diese Pacht wurde 4 Monate nicht bezahlt; erst verspätet nach Intervention durch den Betreuer erfolgte Zahlung. Daraufhin ging die Abbuchungsermächtigung der Einrichtung ins Leere (vorläufig) aber auch die der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung. Die Versicherte wurde ausgeschlossen, auch das habe der Kläger nicht zeitnah mitbekommen. Mittlerweile sei auch die Widerspruchsfrist abgelaufen. Der Kläger sei aufgefordert worden die Unterlagen nochmals auf Formfehler zu prüfen (eventuell falsche Adressat, Rechtsbehelfsfrist, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand). Der Kläger bat um Termin bei beim Beklagten. Es wurde bereits angedeutet, dass der Beklagte gegebenenfalls eine Regressprüfung vornehmen werde (Bl. 77 VA).

Das Altenpflegeheim E. wandte sich mit Schreiben vom 6.9.2005 an den Beklagten. In dem Schreiben wird ausgeführt, dass die Mitgliedschaft seitens der AOK Hessen am 15.6.2005 gekündigt wurde, da die Beiträge nicht mehr bezahlt wurden, somit sei die Bewohnerin zurzeit nicht kranken- und pflegeversichert und erhalte keine Pflegeleistungen, die Heimkosten wurden für die letzten beiden Monate nicht bezahlt, da nicht genügend Barmittel vorhanden waren (Bl. 78 VA).

Auf Bl. 79 der Verwaltungsakte befindet sich ein Aktenvermerk vom 14.9.2005. Dort ist vermerkt: „Vorsprache des Betreuers die Angaben aus dem Telefonat vom 6.9.2005 wurden nochmals bestätigt. Die AOK Schreiben wurden kopiert. Hierbei ist festzustellen, dass offensichtlich keine zeitnahe Reaktion des Betreuers erfolgte. Die Bescheide wurden zwar an die leistungsberechtigte Person (aber in Durchschrift an den Betreuer übersandt) einen Rechtsfehler ist daher, trotz fehlender Rechtsbehelfsbelehrung nicht zu erkennen. Mit Schreiben wurde der Ausschluss vom 15.6.2005 angekündigt, erst am 6.9.2005 meldete sich der Betreuer bei uns […] Ihm wurde ein Antragsvordruck übergeben, auf die Frist der Kenntnisnahme wurde hingewiesen, außerdem soll er zu den Abläufen eine Stellungnahme abgeben.

Da die ärztliche Versorgung der Frau C. erforderlich ist, wurde für das laufende und das 4. Quartal Kostengarantiescheine angefertigt und der Einrichtung übersandt. (Bl. 79 VA).

Von den vom Kläger vorgelegten Unterlagen wurden Kopien gefertigt. Aus denen ergibt sich:

Am 22.4.2005 wandte sich die AOK an die vom Kläger Betreute. In dem Schreiben wird ausgeführt, dass die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge im Lastschriftverfahren von ihrem Konto abgebucht werden. Leider konnte ihr Geldinstitut die Beträge für März 2005 über 158,54 € nicht einlösen (Bl. 80, 81 VA). Dieses Schreiben wurde in Kenntnis an den Betreuer übersandt (Bl. 82 VA).

Am 25.5.2005 erging ein weiteres an den Kläger adressiertes Schreiben mit dem ihm ein Anschreiben an die Betreute vom gleichen Tage übersandt wurde. In dem Schreiben an Frau C. heißt es: „Leider müssen wir feststellen, dass Ihr Beitragskonto für die Zeit 1.3.2005 bis 30.4.2005 inklusive Säumniszuschlag und Gebühren eine Forderung von 327,08 € aufweist. Sie sind somit 2 Beitragsmonate im Rückstand. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen endet die freiwillige Mitgliedschaft, wenn für 2 Monate die...

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