Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. Wohnungswechsel zur Beschäftigungsaufnahme. doppelte Mietzahlung. Wohnungsbeschaffungskosten. Zusicherung. Ermessensreduzierung

 

Orientierungssatz

1. Können bei einem notwendigen Wohnungswechsel die Mietzeiträume wegen der Kündigungsfristen oder notwendiger Renovierungsarbeiten nicht nahtlos aufeinander abgestimmt werden, so können zumutbar nicht abwendbare doppelte Mietaufwendungen ("Überschneidungskosten") bei der gebotenen weiten Auslegung der Normen nach vorheriger Zustimmung als Wohnungsbeschaffungskosten nach § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 übernommen werden.

2. Hat der Grundsicherungsträger die Übernahme der Kosten für einen durch auswärtige Arbeitsaufnahme notwendigen Umzug rechtswidrig verweigert, so dass die alte Wohnung zwar gekündigt, aber nicht geräumt werden konnte, so liegt hinsichtlich der Übernahme als Wohnungsbeschaffungskosten ein Fall der Ermessensreduzierung iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB 2 vor und entfällt das Erfordernis der "vorherigen" Zusicherung schon weil der tatsächliche Geschehensablauf eine solche nicht zulässt.

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Zusicherung zur Übernahme der aus Anlass des Umzuges der Antragstellerin von B. nach N. entstehenden angemessenen Fahrkosten der Kinder der Antragstellerin einschließlich einer Begleitperson zu erteilen.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtschutzes von der Antragsgegnerin nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) die Übernahme von Kosten, die infolge doppelter Mietaufwendungen entstehen.

Am 25. Oktober 2005 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Übernahme jener Kosten als “Trennungskostenbeihilfe" aus Anlass ihres Umzuges von B. nach N. Hintergrund des Umzugsvorhabens ist die Arbeitsaufnahme der Antragstellerin bei der Deutschen Z. AG zum 4. Oktober 2005 mit einer Arbeitszeit von 28 Stunden wöchentlich im Schichtdienst. Mit ihrem Antrag legte die Antragstellerin die Lohnabrechnung für Oktober 2005 in Kopie vor, aus der sich ergibt, dass der Nettoverdienst für den genannten Monat 775,36 Euro betrug. Ferner legte die Antragstellerin Kostenvoranschläge zweier Umzugsunternehmen vom 21. Oktober 2005 vor sowie den am 27. Oktober 2005 von ihr unterzeichneten Mietvertrag betreffend die oben genannte Wohnung in N., nach dem jenes Mietverhältnis am 15. November 2005 begann. Der von der Antragstellerin zu entrichtende Mietzins beträgt ausweislich des genannten Vertrages 520,00 Euro zuzüglich 100,00 Euro Nebenkosten.

Durch Bescheid vom 10. November 2005 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin mit der Begründung ab, dieser sei verspätet gestellt worden, da die Arbeitsaufnahme bereits am 4. Oktober 2005 gewesen sei und Antragstellung grundsätzlich “vor Eintritt des Ereignisses" zu erfolgen habe.

Dagegen legte die Antragstellerin am 5. Dezember 2005 Widerspruch ein und trug vor, sie habe vor ihrer Arbeitsaufnahme Arbeitslosengeld II bezogen und sei alleinerziehend. Es sei ihr nicht möglich, den Umzug aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Einen Kredit könne sie nicht aufnehmen, da sie wegen ihrer Schulden bereits eine eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Außerdem sei es ein unzumutbarer Zustand, schon so lange von ihren Kindern getrennt zu sein. Sie wohne derzeit (in N.) in einer leeren Wohnung und habe weder einen Tisch, an dem sie sitzen und essen noch ein Bett, in dem sie schlafen könne. Die Wohnung in B., die auch bezahlt werden müsse, da sie nicht umziehen könne, sei bereits zum 30. November 2005 gekündigt worden. Da sie ihre Kinder nicht zu sich holen könne, würden diese dort weiter wohnen. Der von ihr im Jahre 2004 unterzeichneten Mobilitätsverpflichtung, dem bundesweiten Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen, sei sie voll und ganz nachgekommen. Schließlich gehe die Arbeitsaufnahme auf ihre Eigeninitiative zurück.

Den Widerspruch der Antragstellerin wies die Antragsgegnerin durch Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2005 zurück und bezog sich in der Begründung im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid.

Am 5. Januar 2006 hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und vorgetragen, sie arbeite seit 4. Oktober 2005 bei der Z. am Flughafen und habe vom 4. Oktober 2005 bis 15. November 2005 bei einer Freundin gewohnt. Beginnend mit dem 15. November 2005 habe sie die Wohnung in N. angemietet. Diese stehe zur Zeit noch leer, da sie sich es bisher nicht habe leisten können, ihre Möbel aus B. herbringen zu lassen. Hinsichtlich der Eilbedürftigkeit merke sie an, dass ihre Kinder noch in B. seien und sie diese schnellstmöglich zu sich holen wolle. Ohne die Gewährung einer “Trennungskostenbeihilfe" sei ihr das aber nicht möglich.

Ergänzend hat die Antragstellerin dem Gericht auf fernmündliche Nachfrage am 16. Januar 2006 erklärt, sie habe...

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