Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Übernahme der Kosten für Konfirmationskleidung bzw. Konfirmationsfeier durch den Grundsicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Leistungen der Erstausstattung für Kleidung nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB 2 kommen bei außergewöhnlichen Umständen in Betracht. Die Kleidung für eine Konfirmationsfeier wird davon nicht erfasst. Sie ist aus dem Regelbedarf zu finanzieren.

2. Es besteht insoweit auch kein zuschussweiser Anspruch auf Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB 2. Der Aufwand bleibt aus der Regelleistung zu bestreiten.

3. Die Kosten einer Konfirmationsfeier sind weder als unabweisbarer Bedarf noch analog § 21 Abs. 6 SGB 2 vom Grundsicherungsträger zu übernehmen.

4. Schließlich unterfallen die Kosten einer Konfirmationsfeier auch nicht der Regelung des § 73 SGB 12. Eine atypische Bedarfslage i. S. dieser Vorschrift liegt bei einer Konfirmationsfeier nicht vor.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerinnen begehren von dem Beklagten die Übernahme der Kosten, die ihnen anlässlich einer Konfirmationsfeier entstanden sind.

Die am 00.00.1966 geborene Klägerin zu !) ist die Mutter der am 00.00.2005 geborenen Klägerin zu 2). Sie beziehen laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bei dem beklagten Jobcenter.

Aufgrund des Weiterbewilligungsantrags vom 18.03.2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Klägerin zu 2) mit Bewilligungsbescheid vom 28.03.2018 Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 01.05.2018 bis 30.04.2019 (Bl. 41 ff. VV).

Mit Schreiben vom 19.02.2019 beantragte die Klägerin zu 1) die Übernahme der anlässlich der Konfirmationsfeier der Klägerin zu 2) entstehenden Kosten (Bl. 77 VV). Die Klägerin zu 2) solle im Mai 2019 konfirmiert werden. Es sei weder Geld für eine festliche Kleidung (für beide) noch für die Feier im Restaurant vorhanden. Mit der Begründung, dass eine Nichtkonfirmierung oder ein Nichtfeiern aus finanziellen Gründen eine Ausgrenzung vom sozialen und christlichen Leben darstelle, bat sie den Beklagten um einen finanziellen Zuschuss.

Mit Bescheid vom 07.03.2019 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerinnen ab. Es handele sich bei den Kosten der Konfirmationsfeier und der festlichen Kleidung nicht um übernahmefähige Kosten nach dem SGB II.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin zu 1) mit Schreiben vom 28.03.2019 Widerspruch ein (Bl. 92 VV).

Mit Bewilligungsbescheid bewilligte der Beklagte aufgrund des Weiterbewilligungsantrags vom 05.04.2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.05.2019 bis 31.10.2019 (Bl. 114 ff. VV).

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.07.2019 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerinnen als unbegründet zurück und führte aus, dass es keine Anspruchsgrundlage für den zuschussweise geltend gemachten Bedarf gebe.

Die Klägerinnen haben am 17.07.2019 form- und fristgerecht Klage erhoben. Zur Begründung führt die Klägerin zu 1) aus, dass sie ihre Tochter, die Klägerin zu 2), entsprechend ihres christlichen Glaubens erziehen und ihr die Werte und Traditionen der christlichen Gemeinschaft weitergeben wolle. Hierzu gehöre eine Konfirmation und eine dem Anlass entsprechende Feier, die sie nicht habe in ihrer kleinen Wohnung abhalten können. Auch für Bezieher von SGB II-Leistungen müsse eine angemessene Feier möglich sein, da jedes andere Ergebnis letztendlich zu einer Ausgrenzung bedürftiger Personen führen würde. Dies wiederum könne nicht mit dem Grundrecht auf Religionsfreiheit aus Art. 4 des Grundgesetzes (GG) im Einklang stehen. Die Klägerinnen machen Kosten für die Feier in Höhe von 616,42 Euro (Dekoration, Verköstigung etc.), für die Festkleidung der Klägerin zu 2) in Höhe von 126,82 Euro und für die Festkleidung der Klägerin zu 1) in Höhe von ca. 70,00 Euro geltend.

Die Klägerin beantragt sinngemäß schriftsätzlich,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 07.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.07.2019 zu verurteilen, ihr einen Zuschuss zu den anlässlich der Konfirmationsfeier entstandenen Kosten in Höhe von 813,24 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 15.09.2020 über die Absicht des Gerichts, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, in Kenntnis gesetzt worden. Sie haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Streitsache konnte gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächl...

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