Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Auskunftsverlangen gegenüber einem potenziell Unterhaltspflichtigen. Nichterforderlichkeit des tatsächlichen Bestehens eines Unterhaltsanspruchs. Negativevidenz. Klärung der Voraussetzungen des § 1611 Abs 1 BGB durch die Zivilgerichte. Anspruchsübergang nach § 94 SGB 12. unbillige Härte

 

Orientierungssatz

1. Ein Auskunftsverlangen iS des § 117 Abs 1 S 1 SGB 12 ist nur dann rechtswidrig, wenn offensichtlich kein Unterhaltsanspruch besteht (sog Negativevidenz). Denn die Auskunftspflicht des § 117 SGB 12 soll die eigentliche Prüfung der unterhaltsrechtlichen Fragen erst ermöglichen und bei Ungewissheit einer Unterhaltsverpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung gerade beitragen.

2. Ob die Voraussetzungen einer Beschränkung oder eines Wegfalls der Unterhaltsverpflichtung nach § 1611 Abs 1 BGB vorliegen, muss in einem zivilrechtlichen Verfahren ggf nach weiterer Beweisaufnahme geklärt werden.

3. Eine unbillige Härte iS des § 94 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 12 liegt vor, wenn die Inanspruchnahme des Unterhaltsverpflichteten aus der Sicht des Sozialhilferechts soziale Belange vernachlässigen würde, dh wenn in dieser Situation von dem Unterhaltsverpflichteten üblicherweise nicht (mehr) erwartet werden kann, nun (auch noch) im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch in die Pflicht genommen zu werden.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen ein Auskunftsersuchen des Beklagten.

Der am 00.00.1964 geborene Kläger ist der Sohn der am 00.00.1941 geborenen Frau S T. Eine weitere Tochter der Frau S T ist die am 00.00.1977 geborene Frau L T. Die Frau S T bezieht seit dem 01.08.2012 Leistungen zur Hilfe zur Pflege bei dem Beklagten.

Mit dem hier streitgegenständlichen Auskunftsersuchen vom 01.10.2012 forderte der Beklagte den Kläger auf, als unterhaltspflichtige Person Auskunft zu erteilen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Hiergegen legte der Kläger am 14.10.2012 Widerspruch ein. Die finanzielle Bedürftigkeit habe die Mutter wissentlich und selbstverschuldet über Jahrzehnte durch Aufnahme von Krediten und Ratenkäufen verursacht. Die daraus resultierende Altersarmut oder Versorgungslücke habe sie billigend in Kauf genommen. Die Gelder seien ausschließlich der Frau L T und ihren Angehörigen zu Gute gekommen. So habe die Mutter der Schwester mehrere Wohnungseinrichtungen und die anschließenden Zwangsräumungen aufgrund von Mietschulden finanziert. Auch 2011 habe die Mutter bereits unter staatlicher Betreuung noch einen vollstreckbaren Titel für die Schwester übernommen. Die aus dieser Misere entstandenen Schulden hätten das Renteneinkommen auf einen Mindestbehalt reduziert, eine Tatsache, die der Kläger nicht verschuldet habe und wovon er auch nicht profitiert habe. Nach der Scheidung der Eltern sei er im Alter von elf Jahren bei seinem Vater aufgewachsen. Der Kontakt zur Mutter sei selten gewesen. Finanzielle Unterstützung durch die Mutter habe es seitdem auch nicht mehr gegeben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das Auskunftsersuchen stütze sich auf § 117 Abs. 1 SGB XII. Danach seien die Unterhaltspflichtigen verpflichtet, dem Träger über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu erteilen. Als Sohn der Frau S T sei der Kläger Unterhaltsverpflichteter gemäß § 1601 f BGB. Ob tatsächlich eine Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung bestünde, sei für die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens nicht erforderlich. Dies zu entscheiden sei den Zivilgerichten vorbehalten. Die Auskunft sei notwendig zur Feststellung, ob und wenn ja in welcher Höhe eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Mutter tatsächlich bestehe. Auch die Prüfung, ob eine unbillige Härte vorliege, sei im Zusammenhang mit der Auskunftserteilung vorzunehmen. Zweck der Auskunftspflicht sei es, dem Träger die Feststellung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfang eine Unterhaltsverpflichtung bestünde. Der Kläger komme abstrakt als Unterhaltsschuldner in Betracht, weshalb die Auskunftspflicht bestehe.

Am 18.12.2012 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 01.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch den Bescheid des Beklagten vom 01.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2012 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da der Bescheid rechtmäßig ist.

Rechtsgrundlage für das Auskunftser...

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