Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. sonstige Leistung. Übernahme von Passbeschaffungskosten. verwaltungsrechtliche Mitwirkungspflicht

 

Orientierungssatz

1. Die verwaltungsrechtliche Mitwirkungspflicht iS einer sonstigen Leistung nach § 6 AsylbLG hinsichtlich der Notwendigkeit der Passausstellung ergibt sich für Ausländer aus der Passpflicht gem §§ 3 Abs 1, 48 AufenthG 2004, verbunden mit der Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühren für die Passerteilung (vgl SG Berlin vom 26.11.2008 - S 51 AY 46/06, SG Halle vom 30.1.2008 - S 13 AY 76/06, SG Duisburg vom 9.10.2008 - S 16 (31) AY 12/06).

2. Die Mittel für die Passbeschaffung sind nicht im Regelsatz enthalten.

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern Passbeschaffungskosten in Höhe von 440,- € sowie Kosten für 20 Passfotos und notwendige Portokosten zu gewähren.

Die Leistungsgewährung wird hinsichtlich der Kosten für die Passfotos und das Porto von der Vorlage von Belegen abhängig gemacht.

Die Leistungsgewährung erfolgt vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung.

Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller sind minderjährige syrische Staatsangehörige, die sich derzeit geduldet in der Bundesrepublik aufhalten. Der Vater der Antragsteller ist geduldet, während der Mutter eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt worden ist. Die Antragsteller zu 1) bis 3) erhalten Leistungen nach § 2 AsylbLG, der Antragsteller zu 4) erhält Leistungen nach § 3 AsylbLG.

Laut Bescheinigung der Ausländerbehörde A-Stadt vom 04. August 2010 können die Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG erhalten und sind deswegen von der Ausländerbehörde aufgefordert worden, der Passpflicht nach § 3 AufenthG nachzukommen. Unter Vorlage dieser Bescheinigung beantragten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Übernahme von Passbeschaffungskosten. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag durch Bescheid vom 06. August 2010 mit der Begründung ab, zwar könnten gem. § 6 AsylbLG sonstige Leistungen gewährt werden, wenn dies zur Erfüllung verwaltungsrechtlicher Mitwirkungspflichten erforderlich sei, doch sei dabei entscheidend, für welchen Zweck die Passbeschaffung erfolgen solle. Die Übernahme von Passbeschaffungskosten komme nur in Betracht, wenn eine freiwillige dauerhafte Ausreise aus dem Bundesgebiet erfolgen solle oder wenn der Pass benötigt werde, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen, der zum Leistungsbezug nach dem SGB II oder nach dem SGB XII berechtige. Auch bei Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG würden aber die Antragsteller leistungsberechtigt nach dem AsylbLG bleiben.

Über den dagegen am 06. September 2010 eingelegten Widerspruch hat die Antragsgegnerin bisher nicht entschieden.

Am 16. Dezember 2010 haben die Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend beantragt, dass die Antragstellerin zur Übernahme der Passbeschaffungskosten in Höhe von insgesamt 440,- € sowie der Kosten für insgesamt 20 Passfotos und notwendiges Porto verpflichtet werde. Die Antragsteller haben durch Vorlage eines Merkblattes der Passabteilung der syrischen Botschaft nachgewiesen, dass pro Person 5 farbige Passfotos, 1 frankierter Rückumschlag und 110,- € für die Ausstellung des Passes benötigt werden. Sie haben vorgetragen, dass auch minderjährigen syrischen Staatsangehörigen stets eigene Pässe ausgestellt würden.

Die Antragsgegnerin hat eingewendet, der Einsatz öffentlicher Mittel sei im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt, da mit dem Erwerb der Pässe keine Verbesserung der Lebenssituation der Antragsteller einhergehe. Im Übrigen könne gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht bei der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung auch abgesehen werden. Zudem sei zu prüfen, ob die minderjährigen Antragsteller nicht auch durch Eintragung in den Pass eines Elternteiles ihrer Passpflicht genügen könnten.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.

Nach § 86 b Abs.2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs.2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 86 b Abs.2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen.

Diese Voraussetzungen liegen vor.

Anspruchsgrundlage ist § 6 AsylbLG. Danach können sonstige Leistungen gewährt werden, wenn sie zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind.

Die verwaltungsrechtlic...

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