Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.07.2004; Aktenzeichen B 11 AL 79/03 R)

LSG Berlin (Urteil vom 11.06.2004; Aktenzeichen L 6 AL 25/04)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 8. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2002 verurteilt, dem Kläger mit Wirkung ab 1. Februar 2002 Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung der Lebensversicherung zu gewähren.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anrechnung einer Lebensversicherung oberhalb der Freibetragsgrenze von § 1 Abs. 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) 2002.

Der 1955 geborene Kläger war nach einer Ausbildung zum Raumausstatter in der Zeit von 1975 bis 1981 im Ausbildungsberuf versicherungspflichfig beschäftigt. In der Zeit von 1981 bis 1997 war er selbstständig tätig, dann folgte wieder eine abhängige Beschäftigung in der Zeit von Januar 1998 bis März 1999.

Auf eine Arbeitslosmeldung zum 1. April 1999 bezog der Kläger Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 360,00 DM wöchentlich, nach Ausschöpfung dieses Anspruchs, am 27. September 1999, war ihm Alhi gewährt worden, zuletzt in Höhe von 22,68 DM täglich. Die vom Kläger im Zuge seiner Selbstständigkeit im März 1981 abgeschlossene Kapitalbildende Lebensversicherung über eine Versicherungssumme von 100.000,00 DM unter Einschluss einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit Schlusstag (erreichen des 60. Lebensjahres) 1. März 2015 war von der Beklagten als angemessenes Altersvorsorgevermögen anerkannt worden.

Wegen gesundheitlicher Probleme war dem Kläger vom Rentenversicherungsträger eine berufliche Umschulung im Bereich Küchenplanung gewährt worden. Zur Absolvierung des Vorbereitungskurses hatte sich der Kläger am 31. Oktober 2001 aus dem Alhi-Bezug abgemeldet.

Auf seinen Wiederbewilligungsantrag nach Beendigung des Vorbereitungskurses zum 1. Februar 2002 war die Gewährung von Alhi mangels Bedürftigkeit abgelehnt worden; der vom Versicherungsunternehmen zum Stichtag 28. Februar 2001 bestätigte Rückkaufswert einschließlich des Überschussanteils aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Höhe von insgesamt 104.300,02 DM (= 53.327,75 Euro) übersteige den Freibetrag gemäß § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 um 29.407,75 Euro (Bescheid vom 8. April 2002, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 25. April 2002).

Am 16. Mai 2002 hat der Kläger beim Sozialgericht Berlin Klage auf Gewährung von Alhi ohne Berücksichtigung der Lebensversicherung erhoben. Unter Bezugnahme auf eine Rentenauskunft der BfA vom 22. Mai 2002, wonach seine monatliche Altersrente unter Geltung der bis Juni 2003 maßgebenden aktuellen Rentewerte 166,82 Euro betragen würde, macht der Kläger geltend, der Einsatz seiner bis Ende 2001 als angemessene Alterssicherung anerkannten Lebensversicherung sei ihm zur Vermeidung von Altersarmut nicht zumutbar.

Die Bevollmächtigte des Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2002 zu verurteilen, dem Kläger mit Wirkung ab 1. Februar 2002 Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung der Lebensversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

Auf Anforderung des Gerichts hat der Kläger eine Bescheinigung des Versicherungsunternehmens beigebracht, wonach die abgeschlossene Kapital-Lebensversicherung nicht in eine Riester-ähnliche Versicherung umgewandelt werden könne. Ausweislich einer beigefügten Aufstellung der seit 1981 eingezahlten Beiträge beläuft sich die Gesamtbeitragssumme bis Ende 2002 auf 45.801,53 Euro.

Zum übrigen Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogene Leistungsakte verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger kann nicht auf den Einsatz der Lebensversicherung verwiesen werden.

Nach Lebensalter, Erwerbsbiographie und eingeholter Rentenauskunft der BfA steht lest, dass der Kläger selbst bei Annahme einer dauerhaften beruflichen Wiedereingliederung nach Beendigung der Umschulung und einem Rentenzugangsalter von 65. Lebensjahren keine oberhalb der Sozialhilfe liegende Altersrente erarbeiten kann. Dies gilt auch dann, wenn er zum 1. Februar 2002 eine Riester-Rente abgeschlossen hätte. Nach Modellberechnungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft erreicht das Gesamtversorgungsniveau (gesetzliche Rente plus Riester) bei häufigem Wechsel zwischen abhängiger Beschäftigung und versicherungsfreier Selbstständigkeit nur 44 % des zuletzt verdienten Nettoarbeitsentgelts (Nachweis unter www.gdv.de).

Da nicht ersichtlich ist, dass der Kläger bis zum Renteneintritt über anderweitige Versorgungsmöglichkeiten oder Vermögenswerte verfügen wird, ist nach den hier seit dem 1. Februar 2002 unverändert gebliebenen Umständen davon auszugehen, dass bei Einsatz der Lebensversicherung die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert wäre.

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