Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. vom Arbeitgeber bereitgestellte Verpflegung. Unzulässigkeit der Kürzung des pauschalierten Regelbedarfs. Unwirksamkeit des § 2 Abs 5 AlgIIV 2008. keine Ermächtigungsdeckung. Verletzung des Selbstbestimmungsrechts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es ist mit dem Pauschalisierungsgedanken des Regelbedarfs unvereinbar, vom Arbeitgeber bereitgestellte oder tatsächliche verzehrte Verpflegung als Einkommen anzurechnen. Insbesondere ist § 2 Abs 5 AlgIIV 2008 mit höherrangigem Recht unvereinbar.

2. Selbst unterstellt, § 2 Abs 5 AlgIIV 2008 wäre wirksam, wäre aus Gründen des Selbstbestimmungsrechts der einzelnen Leistungsberechtigten auf den tatsächlichen Verzehr der Speisen abzustellen. Die Beweislast dürfte insoweit beim Leistungsträger liegen.

 

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Abänderung der Änderungsbescheide vom 19. November 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 02. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 2014 (W-0 /13 und W-0 /13) verurteilt, den Klägern für - den Zeitraum vom 01. Mai 2013 bis zum 31. Mai 2013 weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von insgesamt 45,80 EUR (für die Klägerin zu 1) weitere 33,24 EUR sowie den Kläger zu 2) weitere 12,56 EUR) - den Zeitraum vom 01. Juni 2013 bis zum 30. Juni 2013 weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von insgesamt 45,80 EUR (für die Klägerin zu 1) weitere 33,24 EUR und den Kläger zu 2) weitere 12,56 EUR) - den Zeitraum vom 01. Juli 2013 bis zum 31. Juli 2013 weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von insgesamt 52,67 EUR (für die Klägerin zu 1) weitere 38,22 EUR und den Kläger zu 2) weitere 14,45 EUR) - den Zeitraum vom 01. September 2013 bis zum 30. September 2013 weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von insgesamt 36,64 EUR (für die Klägerin zu 1) weitere 26,64 EUR und den Kläger zu 2) weitere 10,00 EUR) - den Zeitraum vom 01. Oktober 2013 bis zum 31. Oktober 2013 weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von insgesamt 50,38 EUR (für die Klägerin zu 1) weitere 36,74 EUR und den Kläger zu 2) weitere 13,64 EUR) zu gewähren.

2. Der die Klägerin zu 1) betreffende Erstattungsbescheid vom 19. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Juni 2014 (W-0./13) wird hinsichtlich des Zeitraums vom 01. Mai 2013 bis zum 31. Mai 2013 ganz sowie bezüglich des Zeitraums vom 01. Oktober 2013 bis zum 31. Oktober 2013 teilweise in Höhe von 36,74 EUR aufgehoben.

3. Der den Kläger zu 2) betreffende Erstattungsbescheid vom 19. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. Juni 2014 (W-0./13) wird hinsichtlich des Zeitraums vom 01. Mai 2013 bis zum 31. Mai 2013 ganz sowie bezüglich des Zeitraums vom 01. Oktober 2013 bis zum 31. Oktober 2013 teilweise in Höhe von 13,64 EUR aufgehoben.

4. Der Beklagte wird unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 20. Januar 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 02. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 2014 (W-0./14) verurteilt, den Klägern für den Zeitraum vom 01. Dezember 2013 bis zum 31. Dezember 2013 weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von 22,90 EUR (für die Klägerin zu 1) weitere 16,69 EUR sowie den Kläger zu 2) weitere 6,21 EUR) zu gewähren.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu 90 % zu erstatten.

7. Die Berufung wird für den Beklagten zugelassen sowie für die Kläger nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren höhere Leistungen nach dem SGB II für die Monate Februar 2013, Mai bis Juli 2013, September 2013 bis Oktober 2013 sowie Dezember 2013.

Die alleinstehende Kläger zu 1) und ihr am ... 1992 geborener Sohn, der Kläger zu 2), bildeten im streitigen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft und bezogen als solche vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin zu 1) arbeitete u.a. im streitigen Zeitraum bei der Firma "M.", einem größeren, in Berlin ansässigen Produzenten und Vertreiber von Wurst- und Fleischwaren und weiteren Produkten. Dieser stellt seinen Mitarbeitern eine kostenlose Pausenverpflegung zur Verfügung, wobei diese im Wesentlichen aus seinen eigenen Produkten - etwa Wurst- und Fleischgerichte aller Art sowie Salaten - besteht.

Durch Bescheid vom 25. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12. September 2013 wurden den Klägern vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01. Mai 2013 bis zum 31. Oktober 2013 gewährt. Wegen der genauen Höhe der Leistungen und deren Berechnung wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

In den Monaten Mai 2013 bis Juli 2013 sowie September 2013 bis Oktober 2013 erzielte die Klägerin zu 1) aus ihrer Beschäftigung Einkommen in folgender Höhe, wobei die Differenz zwischen Netto- und Auszahlungsbetrag darauf...

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