Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Wirksamkeit eines Selektivvertrages. Zulässigkeit der Feststellungsklage durch eine nicht beteiligte Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung. Beteiligungsfähigkeit von Managementgesellschaften. keine Beeinträchtigung durch Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung. werbende Äußerung einer gesetzlichen Krankenkasse zum Wahltarif. Sachlichkeitsgebot

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es bleibt offen, ob der klagenden Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit eines Selektivvertrages nach § 73c Abs 3 SGB 5 zusteht, an dem sie selbst nicht beteiligt ist.

2. Beteiligte eines Selektivvertrages gemäß § 73c Abs 3 S 1 Nr 3 SGB 5 kann auch eine Managementgesellschaft sein, die nicht von vertragsärztlichen Leistungserbringern beherrscht ist (hier eine Gesellschaft, die ein Dentallabor betreibt).

3. Ein Verstoß gegen das Verbot der Quersubventionierung nach § 53 Abs 9 SGB 5 beeinträchtigt die Wirksamkeit eines von der Krankenkasse geschlossenen Vertrages nach § 73c Abs 3 SGB 5 nicht.

4. Zur Wahrung des Sachlichkeitsgebots der Krankenkasse im Rahmen der Bewerbung eines Wahltarifs bzw Selektivvertrages nach § 73c Abs 3 SGB 5 unter der Überschrift "Zahnersatz und professionelle Zahnreinigung zum Nulltarif".

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen zwischen der Beklagten und der I GmbH geltenden Vertrag über die Versorgung mit zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen sowie gegen die Information hierüber durch die Beklagte.

Die BKK Beiersdorf AG schloss am 20.01.2006 mit zwei Zahnärzten sowie dem Zahnlabor I und T GmbH einen “Vertrag zur Integrierten Versorgung nach §§ 140 a ff SGB V„, der insbesondere die Erbringung von Zahnersatzleistungen und professioneller Zahnreinigung im Rahmen der Individualprophylaxe zum Gegenstand hatte. Hinsichtlich des Inhalts dieses Vertrages wird vollumfänglich auf Bl. 70 - 73 der Gerichtsakten Bezug genommen. Die Beklagte trat diesem Vertrag mit Beitrittserklärung vom 24.10.2006 bei (Bl. 73R der Akte). Sie bewarb den Vertrag unter anderem auf ihren Internetseiten gegenüber ihren Versicherten damit, dass letztere Zahnersatz ohne Zahlung eines Eigenanteils erhalten könnten.

Am 13.08.2008 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Bewerbung des vorgenannten Vertrages begehrte, wobei sie insbesondere geltend machte, dass es sich bei dem Vertrag nicht um einen zulässigen Integrationsvertrag nach § 140a SGB V gehandelt habe.

Unter dem 29.09.2008 schlossen die BKK Beiersdorf AG und die I GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die I und T GmbH ist, unter Ablösung des Vertrages vom 20.01.2006 einen “Vertrag zur Erbringung von Zahnersatzleistungen und Individualprophylaxe nach § 73c SGB V„ (im Folgenden: “I-Vertrag„). Gegenstand dieses Vertrages ist nach dessen § 2 zunächst die Versorgung mit Zahnersatz im Bereich der Regelversorgung und der gleichartigen Versorgung mit Ausnahme der Mehrleistungen, wobei die Versicherten bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung eines Bonus in Höhe von 30 % (10 Jahre Vorsorgeuntersuchungen mit Bonusheft) die Regelversorgung ohne Zuzahlung erhalten sollen. Ferner regelt der Vertrag auch den implantatgestützten Zahnersatz für 4 in der Anlage 1 definierte Standardindikationen, wobei die Versicherten eine festgelegte Pauschale erhalten. Schließlich regelt der Vertrag noch die Erbringung der professionellen Zahnreinigung (PZR) im Rahmen der Individualprophylaxe, die die Versicherten einmal im Kalenderhalbjahr kostenfrei erhalten. Nach § 3 des Vertrages erbringt die I GmbH die zahnärztlichen Leistungen bei den Versicherten nicht selbst, sondern schließt mit Vertragszahnärzten bzw. zugelassenen Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen ihrerseits Einzelverträge ab, in denen sich diese zur Erbringung der vereinbarten Leistungen gegenüber den Versicherten der BKK Beiersdorf und den beigetretenen Krankenkassen im eigenen Namen und in eigener Verantwortung zu erbringen. Die Versicherten der Krankenkassen können freiwillig an dem Vertrag teilnehmen. Hinsichtlich der zahntechnischen Leistungen ist die I GmbH nach § 5 des Vertrages verpflichtet, durch vertragliche Vereinbarungen mit einem zahntechnischen Labor oder einer Dentalhandelsgesellschaft sicherzustellen, dass die innerhalb des Vertrages von den Versicherten in Anspruch genommenen zahntechnischen Leistungen zu einem Preis von mindestens 53 % unterhalb der BEL-Höchstpreise hergestellt bzw. geliefert werden. Mehrleistungen werden mindestens 40 % unterhalb der BEL/BEB angeboten. Die Qualität muss mindestens dem Qualitätsniveau der Regelversorgung entsprechen. Die Versicherten sind verpflichtet, die zahntechnischen Leistungen über die Vertragspartner der I GmbH zu beziehen. Die Abrechnung der zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen erfolgt nach § 6 des Vertrages direkt zwischen der I GmbH un...

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