Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt. zulässiger Inhalt und Bestimmtheit. Regelungen zur Ortsabwesenheit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung über die Residenzpflicht iS einer Verpflichtung zum grundsätzlichen Aufenthalt im "zeit- und ortsnahen Bereich" in einem Eingliederungsverwaltungsakt genügt rechtlichen Bestimmtheits-erfordernissen und begegnet auch sonst keinen rechtlichen Bedenken.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 10. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtsmäßigkeit einer in einem Eingliederungs-verwaltungsakt enthaltenen Regelung zur Ortsabwesenheit.

Die am ... 1960 geborene kongolesische Klägerin, ihr Ehemann und ihre 3 Kinder bezogen seit Januar 2005 mit Unterbrechungen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Am 11. Juni 2009 bot der Beklagte der Klägerin den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung an. Die Klägerin erhielt eine Frist zur Einreichung der unterschriebenen Eingliederungsvereinbarung bis zum 15. Juni 2009.

Nachdem die Klägerin die Eingliederungsvereinbarung nicht unterschrieben zurückreichte, erließ der Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2009 einen auf § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II gestützten Eingliederungsverwaltungsakt mit Wirkung für die Zeit vom 6. Juli 2009 bis 5. Januar 2010. Ziel des Eingliederungsverwaltungsaktes war die Integration der Klägerin in existenzsichernde Arbeit. Der Beklagte verpflichtete sich, Vermittlungsvorschläge, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen würden, zu unterbreiten, das Bewerberprofil der Klägerin unter www.arbeitsagentur.de aufzunehmen, sowie Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme der Kosten und der Aushändigung eines Vermittlungsgutscheines für die Inanspruchnahme eines privaten Arbeitsvermittlers zu fördern. Außerdem wurde die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für einen zukünftigen Arbeitgeber in Aussicht gestellt.

Für die Klägerin enthielt der Eingliederungsverwaltungsakt insbesondere die Verpflichtung, an der Maßnahme “GANZIL„ in der Zeit vom 4. Mai 2009 bis 20. Oktober 2009 teilzunehmen und sich intensiv um sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen in Teilzeit zu bewerben und dies zu dokumentieren. Ferner hieß es unter “Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit:

“Sie verpflichten sich, dass Sie sich nur nach Absprache und mit Zustimmung Ihrer Integrationsfachkraft außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalten. Insbesondere holen Sie sich spätestens 1 Woche vor Ihrer Ortsabwesenheit die Zustimmung ein und melden sich am nächsten Werktag nach Ihrer Ortsabwesenheit wieder persönlich vormittags in der Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr bei Ihrer Integrationsfachkraft zurück. Insgesamt kann Ihnen eine Ortsabwesenheit von höchstens 21 Kalendertagen im Kalenderjahr genehmigt werden. Dies obliegt der Entscheidung Ihrer Integrationsfachkraft. Sie stellen sicher, dass Sie an jedem Werktag an Ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort erreichbar sind."

Mit ihrem dagegen am 20. Juli 2009 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die Regelung zur Ortsabwesenheit - 1-wöchige vorherige Zustimmung, persönliche Meldung am nächsten Tag nach der Ortsabwesenheit zu festgelegten Zeiten - unzulässig sei, weil ihr neben der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 4a SGB II darüber hinausgehende weitere Verpflichtungen auferlegt würden. Ihr werde durch die Regelung ein nicht zu rechtfertigender Ortsarrest auferlegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2009 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die Inhalte des Bescheides entsprächen den Vorgaben des § 15 SGB II. Jegliche Verhältnismäßigkeit sei gewahrt und Willkür könne ausgeschlossen werden. So entspreche der Bescheid den vergleichbaren Eingliederungsvereinbarungen anderer Kunden, berücksichtigte jedoch die Situation und die persönlichen Belange der Klägerin. Insbesondere die geforderte Teilnahme an der Maßnahme “GANZIL„ sei angemessen und zumutbar. Die in der Eingliederungsvereinbarung festgeschriebenen Regelungen sollten dem Hilfeempfänger ermöglichen, wieder unabhängig von Sozialleistungen zu leben. Die Regelung zur Ortsabwesenheit orientiere sich im Übrigen an der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 4a SGB II. Danach erhalte Leistungen nach dem SGB II nicht, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeits-Anordnung definierten zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalte. Genau dieser Gesetzestext finde sich in der Eingliederungsvereinbarung wieder. Es handele sich daher nicht um eine unzulässige Regelung, die neben der gesetzlichen Regelung der Klägerin noch eine weitere Verpflichtung auferlege, sondern gerade um die Verpflichtung aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 4a SGB II.

Mit...

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