Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswahlermessen des Rentenversicherungsträgers bei der Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

 

Orientierungssatz

Für die vom Rentenversicherungsträger nach § 13 Abs. 1 SGB 6 zu gewährenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben enthält § 33 Abs. 4 SGB 9 die hierzu maßgeblichen Kriterien. Dabei sind Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit des Versicherten sowie die Lage des Arbeitsmarktes zu berücksichtigen. Hat der Versicherte bisher ausschließlich ungelernte Tätigkeiten verrichtet, so genügt ein 12-tägiges Praktikum und die Ausbildungsbereitschaft des Betriebs nicht für einen Anspruch auf Ausbildung zum Reiseverkehrskaufmann.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schleswig vom 21. Januar 2015 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig waren zunächst Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Klägerin begehrt nunmehr nur noch die Feststellung, dass die Ablehnung dieser Leistungen durch die Beklagte rechtswidrig war.

Die 1968 geborene Klägerin übte in der Vergangenheit Tätigkeiten als Service- und Saisonkraft im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie in kulturellen Einrichtungen aus. Außerdem war sie als Verkaufshilfe tätig.

Vom 17. August bis zum 18. September 2010 nahm die Klägerin an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der MediClin Schlüsselbad Klinik in Bad P.  teil. Dort wurden im Abschlussbericht vom 22. September 2010 die Diagnosen gestellt: Cervical-Syndrom bei cervicalen Bandscheibenvorfällen, psychovegetatives Erschöpfungs-Syndrom, Borderline-Typ. Hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens wurde ausgeführt, dass die Klägerin eine Tätigkeit im kaufmännischen Bereich ausüben könne. Zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin hinsichtlich beidhändigen Arbeitens, grober Kraft oder Handgeschick erfordernden Arbeiten, häufigen Fingerbewegungen, häufigen Überkopfarbeiten, Heben und Tragen von Lasten über 15 kg eingeschränkt sei. Einschränkungen in der psychischen Belastbarkeit wurden nicht genannt. Während des Klinikaufenthalts habe ein deutlicher physischer und psychischer Erholungseffekt erzielt werden können. Eine Tätigkeit als Verkäuferin könne die Klägerin nicht mehr ausüben.

Die Klägerin wurde anschließend vom 18. Oktober 2010 bis zum 5. Februar 2011 durch den Integrationsfachdienst betreut. Dabei wurde u. a. auch eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau thematisiert. Während dieser Zeit leistete die Klägerin ein Praktikum in dem Reisebüro R.  in K.  vom 31. Januar 2011 bis 11. Februar 2011 ab. Deren Inhaberin teilte nachfolgend mit, dass der Klägerin gerne die Möglichkeit gegeben werde, eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau zu beginnen. Bei einem erfolgreichen Abschluss sähe man sich in der Lage, die Klägerin bei stimmigen wirtschaftlichen Verhältnissen zu übernehmen.

Die Klägerin beantragte daraufhin bei der Beklagten am 17. März 2011 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines Ausbildungszuschusses für eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau in dem Reisebüro R. . Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. August 2011 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2011 zurück. Die Frage der Notwendigkeit von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach sei nicht strittig. Strittig sei vielmehr, ob die Beklagte eine konkrete Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau gewähren müsse. Die Klägerin habe keine abgeschlossene Berufsausbildung und nur ungelernte Tätigkeiten ausgeübt. Man habe Leistungen in Form der Förderung der Arbeitsaufnahme in Aussicht gestellt. Die Beklagte müsse nach § 13 SGB VI im Rahmen ihres Auswahlermessens auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachten, wobei grundsätzlich die kostengünstigere Leistung zu gewähren sei, mit der auch eine Eingliederung bzw. Wiedereingliederung in das Erwerbsleben auf Dauer erreicht werden könne. Unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in Ausübung ihres Ermessens erscheine es sinnvoller, die Klägerin durch einen Eingliederungshilfezuschuss in das Erwerbsleben wieder einzugliedern. Der berufliche Werdegang sowie die beruflichen Fähigkeiten und die bisherigen Berufserfahrungen böten keine Grundlage für eine qualifizierte Ausbildung. Es sei wahrscheinlicher, dass die Klägerin durch einen Eingliederungszuschuss dauerhaft einen Arbeitsplatz erhalte. Selbst wenn sie durch eine qualifizierte Umschulung einen entsprechenden Beruf erlernen würde, so erscheine es fraglich, ob die Klägerin dann ohne entsprechende berufliche Erfahrung einen entsprechenden Arbeitsplatz finden würde. Außerdem sei noch nicht abschließend geklärt, ob die Klägerin die nervlichen Anforderungen des gewünschten Berufs unter wettbewerbsfähigen Bedingungen leisten könne.

Vor der Entscheidung der Beklagten über den Widerspruch h...

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